Risikoadaptierte Früherkennung bei Darmkrebs selten genutzt

Menschen, deren direkte Verwandte an Darmkrebs erkrankt sind, haben selbst ein erhöhtes Darmkrebsrisiko und sollten daher bereits ab dem Alter von 40 Jahren mit der Vorsorge beginnen. Dies gilt in Deutschland für etwa eine von zehn Personen zwischen 40 und 54 Jahren. Doch fast die Hälfte der Betroffenen nimmt diese Chance der risikoangepassten Früherkennung nicht wahr.

Oft ist der eigene Risikostatus gar nicht bekannt

Menschen, deren direkte Verwandte an Darmkrebs erkrankt sind, haben selbst ein erhöhtes Darmkrebsrisiko und sollten daher bereits ab dem Alter von 40 Jahren mit der Vorsorge beginnen. Dies gilt in Deutschland für etwa eine von zehn Personen zwischen 40 und 54 Jahren. Doch fast die Hälfte der Betroffenen nimmt diese Chance der risikoangepassten Früherkennung nicht wahr.

160.000 Menschen im Alter zwischen 40 und 54 Jahren aus Stuttgart, München und Dresden hatten WissenschaftlerInnen aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) angeschrieben, 28.711 der Angeschriebenen beteiligten sich schließlich an einer Befragung zu familiärem Darmkrebs und zur Teilnahme an der Darmkrebs-Vorsorge.

9,4% der Befragten, also etwa jeder Zehnte, gaben an, dass einer ihrer direkten Verwandten (Eltern oder Kinder) an Darmkrebs erkrankt war. Menschen mit einer solchen familiären Vorbelastung haben ein erhöhtes Risiko, selbst an einem bösartigen Tumor des Darms zu erkranken. Daher wird ihnen empfohlen, bereits ab dem 40. Lebensjahr mit der Darmkrebsvorsorge zu beginnen. Für Personen ohne bekannte Risikofaktoren dagegen wird ein Start der Vorsorge im Alter von 50 Jahren empfohlen.

54,5% der TeilnehmerInnen mit erhöhtem familiären Risiko hatten bereits Darmspiegelung wahrgenommen

Einem großen Teil der StudienteilnehmerInnen mit erhöhtem familiären Risiko war die Bedeutung eines früheren Starts der Vorsorge offenbar bekannt: Über die Hälfte (54,5%) von ihnen hatte bereits eine Darmspiegelung wahrgenommen. Unter den Befragten ohne familiäre Vorbelastung war es nur ein Viertel.

"Anders herum betrachtet heißt das jedoch auch: Fast die Hälfte der Menschen mit erhöhtem familiären Risiko nützt die Chance eines früheren Starts der Vorsorge nicht“, resümierte Studienleiter Hermann Brenner vom DKFZ und vom Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg.

Betroffenen für eine effektive Vorsorge sensibilisieren

"Hier könnten insbesondere die HausärztInnen und ihre MitarbeiterInnen wesentlich dazu beitragen, die Betroffenen für eine effektive Vorsorge zu sensibilisieren“, sagte Korbinian Weigl, Erstautor der aktuellen Arbeit: "Die Frage nach Darmkrebsfällen bei direkten Angehörigen ist eine sehr einfache und aussagekräftige Methode, um das persönliche Risiko abzuschätzen."

Die Studie zeigte aber auch die Grenzen dieser Methode auf. Darmkrebs tritt häufig erst im gehobenen Alter auf. Wird beispielsweise bei einem über 70-Jährigen Darmkrebs diagnostiziert, so haben seine Kinder das 40. Lebensjahr oftmals längst überschritten und damit den empfohlenen Zeitpunkt für den Start der Früherkennung verpasst. Tatsächlich zeigte eine Aufschlüsselung der Daten, dass die Häufigkeit von erkrankten direkten Angehörigen mit dem Alter der Befragten steigt: Unter den 40 bis 44-jährigen Studienteilnehmern hatten 7,5% einen Darmkrebsfall in der Familie, unter den 50 bis 54-jährigen waren es bereits 10,9%.

Auch Lebensgewohnheiten spielen große Rolle 

"Daraus wird deutlich, dass Menschen um die 40 oftmals noch gar nicht wissen, dass sie zur Risikogruppe gehören und sich daher auch nicht an die speziellen Empfehlungen zur Darmkrebs-Früherkennung halten können. Und neben der familiären Vorgeschichte spielen natürlich auch viele andere Faktoren, wie die Lebensgewohnheiten eine große Rolle für das Darmkrebsrisiko. Daher sollten auch weitere Methoden hinsichtlich ihrer Eignung für eine verbesserte Risikoeinschätzung geprüft werden“, sagte Hermann Brenner.

WissenschaftlerInnen aus Brenners Team haben vor Kurzem gezeigt, dass die gemeinsame Betrachtung weiterer Risikomarker einschließlich verschiedener Labortests für die Abschätzung des persönlichen Erkrankungsrisikos noch deutlich aussagekräftiger sein können als die Frage nach Krebsfällen in der Familie.