Rückbesinnung auf den Menschen ist nötig

"Mensch, Maschine, Medizin, Wirtschaft“: Mit diesen vier Worten umreißen die Urologen in diesem Jahr das Spannungsfeld zwischen Ökonomie, Medizin und Qualität, nicht nur in der Urologie, sondern in der gesamten deutschen Medizinlandschaft.

Bei allem Streben nach Geld, die Menschen nicht vergessen

"Mensch, Maschine, Medizin, Wirtschaft“: Mit diesen vier Worten umreißen die Urologen in diesem Jahr das Spannungsfeld zwischen Ökonomie, Medizin und Qualität, nicht nur in der Urologie, sondern in der gesamten deutschen Medizinlandschaft.

"Wir leben in Klinik und Praxis in einem Spannungsfeld zwischen den Menschen einerseits – PatientInnen, ÄrztInnen und den MitarbeiterInnen in den Assistenz- und Pflegeberufen – und der zunehmenden Maschinisierung durch Digitalisierung und Bürokratisierung der Medizin sowie dem stetig wachsenden Druck der Ökonomie. Dabei geht viel Qualität verloren; in der Medizin, in der menschlichen Betreuung und Zuwendung, aber auch bei der Arbeitsplatzqualität für diejenigen, die Medizin leisten.

Fremdbestimmung, enorme Arbeitsverdichtung und Entfremdung durch Bürokratisierung lassen viele von uns die Freude am erlernten Beruf verlieren. Das Allheilmittel ist Zertifizierung durch bürokratische "Qualitätssicherung", die wiederum Zeit und ökonomische Ressourcen auffrisst. Diese Spirale dreht sich weiter und immer schneller. Wir laufen Gefahr, den Menschen und damit das Wesentliche aus den Augen zu verlieren", beschrieb Prof. Dr. med. Oliver W. Hakenberg, der Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie am Universitätsklinikum Rostock, die alltägliche Arbeitssituation von ÄrztInnen.

Seine Empfehlung klingt wie ein Aufruf zum Widerstand: Der eigenen Fremdbestimmung setzt er bewusst Grenzen, indem er sich weigere, bestimmte Auswüchse mitzumachen. Das allerdings schafft auch Probleme.

Wie schon Ärztekammer-Präsident Montgomery plädiert auch der amtierende DGU-Präsident Hakenberg für Personaluntergrenzen ebenso für Klinikärzte: "Das Auspressen der Zitrone im Personalbereich, bei den Assistenz- und Pflegeberufen mehr noch als bei den ÄrztInnen, muss aufhören."

Hakenberg würde das ganze Gesundheitswesen anders denken wollen. Seine Vision: "Wir haben eine Pflichtversicherung, es sind Beiträge aller, mit denen das Gesundheitswesen finanziert werden muss. Eine privatwirtschaftliche Komponente mit Klinikkonzernen, die Rendite erwirtschaften, passt meines Erachtens nach nicht gut in dieses Konzept. Ich finde es falsch, das Gesundheitswesen den Kräften des Marktes auszusetzen."

Den Qualitätsverlust durch die Ökonomisierung der Medizin sieht Prof. Hakenberg über alle Fächer hinweg. "Die Indikationsselektion, die an manchen Krankenhäusern aus wirtschaftlichen Gründen betrieben wird, ist ein solches Problem. Vorbereitet wurde dies durch die jahrelange Diskussion um die Beziehung zwischen Menge und Qualität bei operativen Eingriffen. Obwohl dieser Zusammenhang nur für ganz wenige Eingriffe überhaupt nachgewiesen wurde, und dann auch meist mit Statistiken aus anderen Ländern mit einem völlig anderen Gesundheitssystem, wird dies immer relativ kritiklos auf Deutschland übertragen. Unsere Verhältnisse sind aber andere“, weiß der Rostocker Urologe aus eigener, jahrzehntelanger, praktischer Erfahrung.

Aus Sicht vieler ÄrztInnen ist es wohl nun an der Zeit, die leider viel zu häufig rein monetäre Ausrichtung des Medizinbetriebes zu überdenken und sich wieder auf das zurückzubesinnen, was schon der Eid, den ein jeder Arzt, eine jede Ärztin leistet, beinhaltet: Das Wohl der Menschen in den Vordergrund zu stellen! Davon profitierten am Ende beide Seiten des Konsultationstisches, und zwar in positiver Weise.