“Schlafstörungen medikamentös und verhaltenstherapeutisch behandeln”

Genügend Schlaf ist eine Grundvoraussetzung für ein gesundes Leben – und sorgt für gute Laune. Wer ausgeschlafen ist, leistet zudem einen wesentlichen Beitrag zur Vorbeugung von Krankheiten.

Genügend Schlaf ist eine Grundvoraussetzung für ein gesundes Leben – und sorgt für gute Laune. Wer ausgeschlafen ist, leistet zudem einen wesentlichen Beitrag zur Vorbeugung von Krankheiten. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes sowie Angststörungen und Depressionen werden nachweislich durch zu wenig Schlaf oder einen falschen Schlafrhythmus befördert. Schlafmangel zieht sich durch alle Altersschichten und Berufsgruppen. Schlecht einschlafen, nicht durchschlafen, morgens zu früh aufwachen und tagsüber immer wieder einnicken. Besonders Säuglinge, Schichtarbeiter und Jugendliche sind davon betroffen – häufig als Folge von innerer Anspannung und Stress.

Vom 4. bis 6. Dezember findet in Köln die 22. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) statt. Dr. Hans-Günter Weeß vom Vorstand der DGSM erklärt im esanum-Interview, wie es zu Schlafstörungen kommt, was die Rolle des Hausarztes ist und welche Therapiemöglichkeiten es gibt. Weeß leitet das Schlafzentrum des Pfalzklinikums in Klingenmünster.

esanum: Schlafen ist notwendig, um sich zu erholen. Ab wann gilt Nicht-Schlafen-Können als Krankheit?
Weeß: Wenn Schlafstörungen dreimal pro Woche oder häufiger über einen Zeitraum von mehr als vier Wochen auftreten und die Störungen mit Leistungseinschränkungen am Tage einhergehen, sollte der Hausarzt aufgesucht werden.

esanum: Aus Schlafmangel können sich Folgeerkrankungen ergeben. Welche sind dies?
Weeß: Wir wissen aus der Grundlagenforschung, dass chronische Ein- und Durchschlafstörungen das Risiko einer Herz-Kreislauf-Risiko erhöhen, das Immunsystem schwächen und beispielsweise häufiger Diabetes hervorrufen können. Weiterhin können als Folge psychische Störungen wie Depressionen oder Angststörungen auftreten. Das Unfallrisiko bei der Arbeit oder im Straßenverkehr steigen durch die erhöhte Tagesschläfrigkeit ebenfalls deutlich an.

esanum: Der Hausarzt ist bei einer vermuteten Schlafstörung für Patienten meist der erste Anlaufpunkt. Welche Diagnose- und Therapieschritte sollte ein Hausarzt bei Verdacht auf eine krankhafte Schlafstörung einleiten?
Weeß: Der Hausarzt entscheidet anhand des Beschwerdebildes des Patienten, welche diagnostischen Maßnahmen an erster Stelle stehen. Erst nach Stellung einer Diagnose kann die entsprechende Therapie eingeleitet werden. Bei einer Therapie mit Hypnotika (Schlafmittel; die Redaktion) sollte die empfohlene Behandlungsdauer beachtet werden.

esanum: Medikamente zur Schlafförderung (Schlafmittel) gelten als problematisch, weil Patienten nicht mehr ohne auskommen können und über ganztägliche Müdigkeit klagen. Für wen eignen sich Medikamente als Therapieform? Welche Wirkstoffe haben sich als erfolgversprechend herausgestellt?
Weeß: Schlafmittel stellen einen wichtigen Baustein in der Behandlung von verschiedenen Formen von Schlafstörungen (Insomnien) dar. Allerdings sollte bei den primären Schlafmitteln (Hypnotika) das erhöhte Abhängigkeitsrisiko beachtet werden. Sekundäre Schlafmittel wie beispielsweise sedierende Antidepressiva können häufig über längere Zeiträume verordnet werden. Grundsätzlich stellen Schlafmittel eine symptomatische Therapie dar. Deswegen müssen sie mit kausalen Maßnahmen kombiniert werden. Im Falle von häufig psychisch bedingten Schlafstörungen sind beispielsweise verhaltenstherapeutische Maßnahmen ein derartige kausale Therapie. Diese werden in Form von Einzeltherapien, Gruppentherapien aber auch als psychoedukative Gruppen (Schlafseminare, Schlafschulen) angeboten.

esanum: Was kann jeder einzelne tun, um zu einem gesunden Schlaf zu finden?
Weeß: Für die Prävention von Schlafstörungen stellt die Einhaltung schlafhygienischer Maßnahmen eine wichtige Bedingung dar. Dazu gehören unter anderem regelmäßige Schlafzeiten, abendliche Alkoholkarenz, Vermeidung von Schlaf vor dem Fernseher, die Einführung eines Einschlafrituals und die innerliche Entpflichtung von Alltagssituationen und -aufgaben, wenn es in Richtung Schlafenszeit geht.

www.dgsm-kongress.de/

Interview: Volker Thoms