Stammzellen und Human Disease Modeling

Das körpereigene Selbsterneuerungs- und Wiederaufbaupotenzial von Satellitenzellen birgt große Hoffnung in der Therapie dystropher Muskelerkrankungen. Die Muskeldystrophie Typ Duchenne ist mit 1/3.500 männlichen Neugeborenen die am häufigsten vorkommende progressive Muskeldystrophie im Kindesalter.

Myogene Stammzelltherapie von Muskeldystrophien

Das körpereigene Selbsterneuerungs- und Wiederaufbaupotenzial von Satellitenzellen birgt große Hoffnung in der Therapie dystropher Muskelerkrankungen. Die Muskeldystrophie Typ Duchenne ist mit 1/3.500 männlichen Neugeborenen die am häufigsten vorkommende progressive Muskeldystrophie im Kindesalter.

Bisher konnte durch die Transplantation von Muskelstammzellen keine Heilung für Patienten mit Muskeldystrophien erreicht werden. Die transplantierten Zellen konnten nur in begrenztem Maß das atrophe Muskelgewebe regenerieren. Die zwei maßgeblichen Fragen in der aktuellen Muskelstammzellforschung sind wie folgt: Wie behalten Muskelstammzellen ihre skelettmuskelspezifische Identität bei und wie wird ihr Metabolismus gesteuert?

Die Rolle von Stammzellen bei der Myogenese im Mausmodell

Die embryonale Myogenese in Mäusen erfolgt um den 8. Embryonaltag herum und wird durch myogene Regulationsfaktoren (MRF) gesteuert. Die embryonale, die fetale und die adulte Myoblasten stellen die 3 Generationen der Myoblasten dar.

Die myogenen Regulationsfaktoren (MRF)

Die myogene Regulationsfaktoren (MRF) Myf5, MyoD, Mrf4 und Myf6 sind für die Entwicklung der Skelettmuskulatur verantwortlich. Der myogene Faktor Myf5 wird bereits in inaktiven Satellitenzellen exprimiert. Die Myogenese wird über die Signalkaskade Myf5-MyoD-Myogenin in Gang gesetzt. Im aktiven Zustand sind zusätzlich MyoD und Myf5 detektierbar. In der Differenzierungsphase der Satellitenzellen dienen MyoD, Myf5 und Myogenin als Zellmarker. Aktivitätsmarker für Muskelstammzellen sind die MRF MyoD, Myf5 sowie die myogenen Transkriptionsfaktoren Pax3 und Pax7.

Postnatale Regeneration der Skelettmuskulatur

Die Skelettmuskulatur wird täglich beansprucht und benötigt kontinuierliche Regenerationsmechanismen. In der adulten Skelettmuskulatur befinden sich die Muskelfaserkerne in der postmitotischen Phase und sind daher im Falle eines Muskeltraumas auf die adulten Myoblasten angewiesen. Die adulten Myoblasten sind in der Basalmembran jeder einzelnen Muskelfaser lokalisiert und werden als Satellitenzellen bezeichnet. Diese Population lokaler Stammzellen ist bis ins hohe Alter für die Muskelregeneration verantwortlich. Sobald eine Verletzung des Muskelgewebes eintritt, werden diese aus dem Ruhezustand in den Aktivitätszustand versetzt.

Durch Proliferation und myogene Differenzierung besitzen Satellitenzellen die Fähigkeit, defekte Muskelfaserareale zu reparieren. Sie befinden sich im Gleichgewicht zwischen der Muskelfaserdifferenzierung und dem Erhalt ihres Stammzellcharakters. Es existieren verschiedene Teilpopulationen von Satellitenzellen. Der molekulare Mechanismus, der den Erhalt des Stammzellcharakters nach Aktivierung steuert ist Forschungsschwerpunkt verschiedener Studien. Die Pax7-exprimierenden aktivierten Satellitenzellen reduzieren ihre MyoD und Myf5-Expression und behalten dadurch ihren Stammzellcharakter bei. Die Myogenin-exprimierenden Stammzellen hingegen differenzieren sich zu Skelettmuskelfasern.

Molekulare Regulation der Satellitenzellen

In der Entwicklungsphase exprimieren myogene Vorläuferzellen Pax3 und/oder Pax7. Diese myogenen Faktoren werden bereits im inaktiven Stadium der Satellitenzellen - unabhängig vom Einfluss der Transkriptionsfaktoren/myogenen regulatorischen Faktoren (MRF)- exprimiert. Sie sind für die Aufrechterhaltung der Satellitenzellproliferation und für die Aktivierung der Gene Myf5 und MyoD essentiell.

Der Großteil der Satellitenzellen befindet sich in einem Ruhezustand, in dem zwar das myogene Differenzierungsgen Myf5 transkribiert wird ohne jedoch das myogene Programm zu aktivieren. Crist et al. haben den posttranskriptionalen Mechanismus untersucht, der die Myf5-Translation inhibiert und dadurch die inaktiven Satellitenzellen davon abhält in die Myogenese einzutreten. Sie konnten zeigen, dass die Myf5-mRNA gemeinsam mit der microRNA-31, welche die Translation der Myf5-mRNA steuert, in mRNP-Granula in den inaktiven Satellitenzellen abgesondert wird. Interessanterweise besitzen Patienten mit Muskeldystrophie Typ Duchenne im Vergleich zu gesunden Individuen ein deutlich höheres microRNA-31-Level.

In aktiven Satellitenzellen zerfallen die mRNP-Granula, das microRNA-31-Level nimmt ab und es kommt zu einer Zunahme des Myf5-Proteins. Durch Einfluss auf das microRNA-31-Level kann der Eintritt der Satellitenzelle in die Myogenese und dadurch die Differenzierung zu einer Muskelfaser gesteuert werden. Die Hemmung von microRNA-31 durch antagomiR-31 führt zu einer Zunahme des Myf5-Protein-Levels und dadurch zu einer verbesserten Skelettmuskeldifferenzierung mit größeren Muskelfasern. Durch Manipulation des microRNA-31-Levels kann Einfluss genommen werden auf die Differenzierung von Satellitenzellen ex vivo und auf die Muskelregeneration in vivo. Die Ergebnisse von Crist et al. sind vielversprechend in der zukünftigen Therapie von Generkrankungen wie der Muskeldystrophie Typ Duchenne.

Referenz:
Colin G. Crist2, Didier Montarras, Margaret Buckingham: Muscle Satellite Cells Are Primed for Myogenesis but Maintain Quiescence with Sequestration of Myf5 mRNA Targeted by microRNA-31 in mRNP Granules.