Stammzelltransplantationen werden sicherer

Lebensgefährliche Komplikationen nach einer Stammzelltransplantation lassen sich mit einer neuen Therapie wesentlich wirksamer vermeiden als bisher. Die Zulassung erfolgte bereits in den USA und wird für Europa erwartet.

Ergebnisse der Phase-III-REACH2-Studie 

Lebensgefährliche Komplikationen nach einer Stammzelltransplantation lassen sich mit einer neuen Therapie wesentlich wirksamer vermeiden als bisher. Die Zulassung erfolgte bereits in den USA und wird für Europa erwartet.

Bei Blutkrebs und schweren Immundefekten ist eine Transplantation von Blutstammzellen gesunder SpenderInnen oft die letzte Behandlungschance. Doch bei etwa jeder vierten PatientIn kommt es zu einer bislang nicht kontrollierbaren lebensgefährlichen Immunreaktion, bei der Spender-Immunzellen das Gewebe der EmpfängerInnen angreifen. Fachleute sprechen von einer Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion oder Graft-versus-Host-Disease (GVHD).

Nun zeigten ForscherInnen des Universitätsklinikums Freiburg und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein gemeinsam in einer internationalen klinische Phase-III-Studie mit 309 PatientInnen, dass eine neue medikamentöse Therapie mit dem Wirkstoff Ruxolitinib diese Immunreaktion häufig verhindern kann.

"Diese Therapie kann Stammzelltransplantationen deutlich sicherer machen. Wir hoffen deshalb sehr, dass sie schon bald in der Europäischen Union zugelassen wird", sagte Prof. Dr. Robert Zeiser, Leiter der Abteilung für Tumorimmunologie und Immunregulation der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Freiburg. Er hatte gemeinsam mit Prof. Dr. Nikolas von Bubnoff, Direktor der Klinik für Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Campus Lübeck, die Studie mit 105 Studienzentren in 22 Ländern koordiniert und geleitet.

GVHD führt unkontrolliert zu Gewebeschäden von Darm, Haut und Leber. In einem Fünftel der Fälle führt die Entzündungsreaktion zum Tod der PatientInnen durch Infektion oder gravierende Organschäden. "Die Zulassung von Ruxolitinib in den USA ist die erste Zulassung eines Medikaments zur Behandlung der Kortison refraktären Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion weltweit", so von Bubnoff.

Therapieerfolg deutlich höher als bisher

Die in der REACH2-Studie behandelten PatientInnen hatten alle nach einer Stammzelltransplantation eine Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion entwickelt, die sich mit Kortisonpräparaten nicht stoppen ließ und akut lebensbedrohlich wurde. Die Hälfte der Betroffenen erhielt Ruxolitinib, die andere Hälfte die bisherige Standardtherapie. Nach 28 Tagen Therapie zeigten 62% der PatientInnen unter der neuen Therapie einen vollständigen oder teilweisen Rückgang der GVHD. Unter der Standardtherapie waren es 39%.

Nach rund zwei Monaten war die Kontrolle der Immunreaktion unter Ruxolitinib mit fast 40% sogar fast doppelt so hoch wie unter der Standardtherapie mit 22%. "Die Behandlung mit Ruxolitinib führte damit zu einem dauerhaften Behandlungserfolg“, freute sich Zeiser.

Forschung von der Petrischale bis zu den PatientInnen

In vorangegangen Arbeiten konnten die Forschungsgruppen um Zeiser und von Bubnoff zunächst in Zell- und Tierstudien zeigen, dass Ruxolitinib die Aktivierung und gegenseitige Verstärkung der transplantierten Immunzellen bremste. Diese Vorarbeiten waren die Basis für die spätere Anwendung beim Menschen.

Die jetzige Phase-III-Studie REACH2 dürfte eine wesentliche Rolle bei der Zulassung auch in Europa spielen. "Die Studienergebnisse bestätigen unsere jahrelange Arbeit zur GVHD und liefern eine wichtige Grundlage für die Zulassung", sagte von Bubnoff abschließend.

(Hinweis der Redaktion: Die REACH2-Studie wurde finanziell durch Novartis Pharma unterstützt.)