Stress und Unterernährung im Zahn nachweisbar

Isotopenanalysen zeigen: Ernährungsumstellungen und physiologischer Stress werden im dentinen Kollagen während des Zahnwachstums aufgezeichnet.

Isotopenanalysen zeigen: Ernährungsumstellungen und physiologischer Stress werden im dentinen Kollagen während des Zahnwachstums aufgezeichnet.

Isotopenanalysen der Zähne von Arbeitshausbewohnern im 19. Jahrhundert können möglicherweise zur Identifizierung von Anzeichen des Verhungerns in menschlichem Gewebe beitragen – das suggeriert eine Studie, die am 10. August von Julia Beaumont und Kollegen, University of Bradford, im Magazin PLOS ONE veröffentlicht wurde.

Zur Untersuchung ernährungsbedingter und physiologischer Veränderungen während der großen Hungersnot in Irland im 19. Jahrhundert analysierten die Autoren der Studie die Anteile der Kohlenstoff- und Stickstoffisotope eines Zahnes von jedem der 20 Arbeitshausbewohner in Kilkenny, Irland, einschließlich derer, die im Kindesalter verstarben. Die Autoren stellten einen Vergleich zwischen dem dentinen Kollagen in winzigen Einheiten der Zähne, welches den Ernährungsstatus während des Zahnwachstums repräsentiert, und dem Knochenkollagen aus Rippen, welches repräsentativ für die letzten Lebensjahre steht, auf – und verglichen die Ergebnisse mit Aufzeichnungen zur Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln zu der Zeit.

Die Isotopenanalysen zeigten nicht nur die erwarteten Veränderungen in der Nahrungsmittelaufnahme von Kartoffeln zu Mais, der entsprechend historischer Aufzeichnungen zur Unterstützung während der Hungersnot aus Amerika importiert wurde, sondern sie ergaben darüber hinaus auch lang andauernden ernährungsbedingten und physiologischen Stress infolge einer Mangelernährung während der Kindheit.

Inkrementale Analyse könnte in der Forensik zum Einsatz kommen

Die Studie zeigt, dass die inkrementale Analyse der dentinen Kollagenisotope möglicherweise zur Identifizierung von Perioden erhöhter physiologischer Belastung, wie zum Beispiel im Rahmen einer Hungersnot, anhand vom erwachsenen und juvenilen Skelett beitragen kann, sofern die Phase des erhöhten Stresses im zeitlichen Rahmen des Wachstums lag. Diese Ergebnisse könnten in der Forensik und Archäologie zum Einsatz kommen, zum Beispiel zur Identifizierung von Populationen und Individuen, bei denen ernährungsbedingter Stress zur Todesursache beigetragen hat. Allerdings wird weitere Forschung auf diesem Gebiet benötigt, um die Vorgänge des Alterns im inkrementalen Kollagen besser zu verstehen.

“Unsere wissenschaftlichen Analysen erstellen detaillierte Ernährungsverläufe aus der Zeit, in der Zähne wachsen”, erklärte Julia Beaumont. “Weil den Arbeitshausbewohnern Mais als Nahrungsersatz gegeben wurde, konnten wir in den Zähnen einen Marker für das Verhungern identifizieren – das wurde auf diese Art zum allerersten Mal im menschlichen Dentin nachgewiesen.”