Testpersonen gestalten klinische Forschung mit

Klinische Forschung untersucht den Nutzen gesundheitlicher Behandlungen für die Patientinnen und Patienten. Das Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen hat nun den ersten deutschsprachigen Leitfaden für die Einbindung von Testpersonen in die Forschung erarbeitet.

Bedürfnisse und Interessen künftig mit einbeziehen

Klinische Forschung will die Gesundheit der Behandelten verbessern und untersucht darum den Nutzen gesundheitlicher Behandlungen, etwa durch Medikamente. Das Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen hat untersucht, wie Testpersonen in diese Forschungen einbezogen werden können und hat dazu erstmals einen Leitfaden in deutscher Sprache erarbeitet.

Klinische Studien sind wichtig für den medizinischen Fortschritt. PatientInnen sind in der Regel aber nur passiv beteiligt. An ihnen wird zwar gemessen, ob neue Diagnose- oder Therapiemethoden wirksam sind, auf die Gestaltung der Studie haben sie aber keinen Einfluss. "Das ist jedoch problematisch, denn dadurch besteht die Gefahr, dass an den Bedürfnissen und Interessen von Patientinnen und Patienten vorbeigeforscht wird", so Professor Gerhardus vom Institut für Public Health und Pflegeforschung. Testpersonen und Forschende fordern zunehmend, erstere aktiv an den Prozessen klinischer Forschung zu beteiligen. Sie bieten – unabhängig von dem Wissen der Forschenden – durch ihre eigene Erfahrung eine einzigartige Sicht auf das Thema und sind damit Fachkundige in eigener Sache.

"Richtige Fragen" untersuchen

Die Beteiligung der Testpersonen kann unter anderem dabei helfen, die "richtigen" Fragen zu untersuchen, die für den Alltag wichtig sind und deren Ergebnisse direkt in die Behandlungspraxis übertragen werden können. Professor Gerhardus betont: "Eine große Summe fließt jährlich in die Forschung. Wir brauchen jedoch mehr Forschung, deren Ergebnisse gebraucht und genutzt werden. Eine Beteiligung der Patientinnen und Patienten kann uns dabei helfen". Die Beteiligung kann unterschiedlich umgesetzt werden. So können PatientInnen beratend an Gruppendiskussionen teilnehmen oder über die gesamte Dauer der Studie mit den Forschenden im Studienteam zusammenarbeiten. Neben dem Finden der richtigen Forschungsfrage hilft die Beteiligung auch, Informationsmaterialien und Ergebnisse so zu gestalten, dass sie für die Betroffenen gut verständlich sind und sie bei Entscheidungen, zum Beispiel zwischen zwei Behandlungen, unterstützen.

Beteiligung in DeutschlandI

In anderen Ländern wie Großbritannien oder den USA ist die Beteiligung von PatientInnen bereits seit Längerem etabliert - in Deutschland ist das Thema vergleichsweise neu. Seit einigen Jahren haben aber auch hierzulande große Forschungsförderer (BMBF und DFG) die Beteiligung zum Kriterium für die Förderung klinischer Studien gemacht. Forschende müssen bei der Beantragung zur Förderung einer neuen klinischen Studie nun darlegen müssen, in welcher Form Testpersonen die Studie mitgestalten. Bislang fehlt es jedoch an einer Orientierung für Forschende und Begutachtende dazu, was eine Beteiligung ausmacht und wie sie gelingen kann.

Handreichung veröffentlicht

Als Ergebnis eines BMBF-geförderten Projektes hat das Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen zusammen mit dem Kompetenzzentrum für Klinische Studien Bremen die erste deutschsprachige Handreichung dazu entwickelt. Sie zeigt entlang praktischer Beispiele, wie eine Beteiligung geplant und umgesetzt werden kann. "Die Handreichung füllt eine Lücke" betont Dr. Imke Schilling, die an der Entwicklung dieser beteiligt war. Die Gesundheitswissenschaftlerin hat zum Thema promoviert und weiß aus Gesprächen mit klinischen Forschenden, dass die meisten von ihnen bislang keine Erfahrungen mit der Beteiligung von Teilnehmenden haben und sich eine Unterstützung wünschen. "Noch gibt es viele Unsicherheiten, denn die Beteiligung von Patientinnen und Patienten ist etwas ganz Neues". Eine Orientierung liegt nun vor.

Referenz:
www.ipp.uni-bremen.de/patient-innenbeteiligung