Transplantation und Prehabilitation: Ich freue mich immer wieder über diese Verantwortung

Dr. Ebru Yildiz berichtet von den ersten World Transplant Games auf deutschem Boden: 60 Nationen, eine Botschaft – Transplantierte können Großartiges leisten.

Von England nach Dresden: Die World Transplant Games

Ich bin sehr froh: Erstmals sind die . Sie haben bereits eine lange Geschichte und wurden 1978 zum ersten Mal in England ausgetragen. Es gab damals ungefähr 100 Teilnehmer aus Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Griechenland und den USA. Sie haben sich zusammengefunden, um auf das Thema Leben nach der aufmerksam zu machen. Die Spiele fanden alle zwei Jahre statt. Und inzwischen ist es eine internationale Sportveranstaltung für Menschen, die eine Organtransplantation erhalten haben. 

Vom Intensivbett zum Siegertreppchen

Dieses Jahr sind in Dresden 60 Nationen in 17 Sportarten am Start. Es gibt eine gute Mischung aus aktiven Sportlern und Freizeitsportlern. Transplantierte können aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation in der Regel nicht bei Olympischen Spielen antreten, da die Transplantation als körperliche Einschränkung gilt. Deshalb treten aktive Spitzensportler bei den World Transplant Games an. Dieses Jahr ist die Leichtathletin Bera Wierhake als Markenbotschafterin mit dabei. Sie wurde bei uns in Essen als neun Monate altes Baby lebertransplantiert. Ihre Eltern ließen sich damals ganz sicher nicht träumen, was für eine starke junge Frau sie einmal werden würde. Sie ist elffache deutsche Transplantierten-Meisterin, sechsfache Europameisterin, vielfache Weltmeisterin. Ihr Beispiel zeigt ganz wunderbar: Man kann als Transplantierte ein aktives Leben führen, ganz normal Sport machen, und das sogar sehr erfolgreich. Sie ist obendrein Weltrekordhalterin bei den Transplantierten über eineinhalb Kilometer Laufen.

Erfolge sichtbar machen: Warum die Games so wichtig sind

Bei den World Transplant Games geht es darum, die Erfolge der Transplantationsmedizin zu feiern. Und zu zeigen, was Menschen alles können, die transplantiert sind. Denn selbst in der Medizin sind die Erfolge der Transplant-Medizin immer noch nicht ausreichend bekannt. Die Frage schwingt ja immer mit: Was passiert mit den Menschen nach der Transplantation? Sind sie gesund, sind sie leistungsfähig, geht es ihnen gut? Dahinter steckt auch die allgegenwärtige Frage: Soll ich mein Organ spenden? Wie sinnvoll ist das?

Die Games verfolgen daher das wichtige Ziel, das Bewusstsein für zu stärken – das ist unser zentrales Anliegen. Zugleich ist es die Förderung einer aktiven und gesunden Lebensweise für alle Menschen, aber natürlich gerade auch derer nach einer Transplantation.

Ich muss zugeben, dass selbst ich als Transplant-Medizinerin bis vor wenigen Jahren gar nicht wusste, dass es die World Transplant Games überhaupt gibt. Aber nun bin ich mit einem Symposium aktiv dabei.

Medizinische Premiere: Erstes Transplantations-Symposium bei den Games

Neben der Publicity für die Transplantationsmedizin durch die Games, deren Schirmherrin übrigens die deutsche First Lady Elke Büdenbender ist, werden wir auch viele Mediziner-Kollegen einbeziehen. Denn wir halten parallel, auch erstmals, das IPSOT-Symposium (Impact of Physical Activity before and after Solid Transplantation) ab, bei dem ich im wissenschaftlichen Beirat bin. Es geht um körperliche Aktivität, sportmedizinische Forschung und Ernährungsmedizin im Bereich der Transplantationsmedizin. Prehabilitation ist ja ohnehin ein großes Thema, nicht nur in der Transplantationsmedizin. Und unser Ziel ist es, das nun zu einem jährlichen Symposium zu machen und die Prehabilitation in den Fokus zu nehmen. 

Prehabilitation: Patienten vor der Transplantation stärken 

Auch bei uns in der Klinik wollen wir für wartende Patienten eine Prehabilitation anbieten. Denn es ist ganz wichtig, dass Erkrankte weiterhin stabil gehalten werden, sodass der Progress ihrer Erkrankung hinausgezögert werden kann. Denn das ist nicht nur die individuelle Aufgabe der Patienten, sondern unser Ziel als Ärzte, sie dabei aktiv zu unterstützen. Mit der entsprechenden Forschung, wie das gelingen kann, starten wir jetzt aktiv bei den World Transplant Games. Wir wollen erreichen, dass die Erkrankten sich so lange wie möglich relativ gesund fühlen können.

In unserem Essener Zentrum werden wir dazu demnächst Kurse anbieten und wir werden das Thema wissenschaftlich voranbringen. Die Fragen sind: Welche Sportarten sind wichtig? Eher die Ausdauer? Oder bestimmte Kombinationen? Welches Essen ist gut? Und vieles mehr. 

Die Zukunft der Transplantationsmedizin 

Damit starten wir dieses Jahr, sodass die Forschung jetzt in Fahrt kommt. Und so ist das Symposium aufgebaut: Es gibt Angebote, die für alle gelten, aber wir schauen auch auf die einzelnen Organe - die Besonderheiten bei , Herz, Lunge, Niere. Darauf freue ich mich riesig. Denn ich glaube, wir können auf diese Weise sehr viel für die Organspende tun. So können wir zeigen, wie es Transplantierten geht, wie segensreich Transplantationsmedizin sein kann - und dass es nicht nur um Reparatur geht, sondern mit der Prehabilitation auch um Begleitung und Aktivierung der Patienten. Ich freue mich immer wieder über diese Verantwortung.

Kurzbiographie Ebru Yildiz

Dr. med. Ebru Yildiz leitet seit 2019 das Westdeutsche Zentrum für Organtransplantation in Essen. Die Fachärztin für Innere Medizin und Nephrologie hat Zusatzweiterbildungen in der Transplantationmedizin und der internistischen Intensivmedizin.