Traumazentrum in Nordirak hilft IS-Opfern

Baden-Württemberg hat im Rahmen seiner Flüchtlingspolitik seinen Fokus auf eine spezielle Region gerichtet. Im Nordirak ist das Land sehr aktiv und betritt mit der Finanzierung eines Traumazentrums Neuland. Für dessen Expertise besteht viel Bedarf.

Baden-Württemberg unterstützt Traumazentrum im Nordirak 

Baden-Württemberg hat im Rahmen seiner Flüchtlingspolitik seinen Fokus auf eine spezielle Region gerichtet. Im Nordirak ist das Land sehr aktiv und betritt mit der Finanzierung eines Traumazentrums Neuland. Für dessen Expertise besteht viel Bedarf.

Das vom Land Baden-Württemberg finanzierte Traumazentrum im nordirakischen Dohuk ist gut drei Monate nach seiner Inbetriebnahme sehr gefragt. Es gebe Anfragen für Kooperationen verschiedener Nicht-Regierungsorganisationen und Flüchtlingscamps, die um Hilfe für psychisch Erkrankte durch die Studenten bäten, teilte das Wissenschaftsministerium in Stuttgart mit. Seit Anfang März werden 30 Männer und Frauen, die bereits einen Bachelor-Abschluss in Psychologie, Sozialarbeit oder Psychiatrie haben, in einem Master-Studiengang "Psychotraumatologie" ausgebildet.

Kooperationen gibt es bereits oder sind geplant mit der Caritas, der nordirakischen Universität Koy, an der Dozenten aus Deutschland unterrichten sollen, und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Riesiger Bedarf an Therapie

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) hält die Anfragen bei dem mit einer Millionen Euro vom Land unterstützten Institut für ein Zeichen, "dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben". Der Bedarf an Betreuung und Therapie sei riesig - um ihn zu decken, müssten weitere Geldgeber gefunden werden. Ziel sei es, unabhängig vom Institut das Studium der Psychotherapie in das Gesundheitssystem und den universitären Lehrbetrieb einzugliedern.

Die Dozenten in dem Institut kommen aus Deutschland, Schweden und dem Irak selbst. Sie arbeiten in den Praxisphasen unter anderem in 14 Flüchtlingscamps und im psychiatrischen Krankenhaus in Dohuk. Bei den Patienten handelt es sich vor allem um Frauen und Kinder, die in den Händen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) waren.

Auch Infrastruktur wird unterstützt

Die Partnerschaft zwischen Baden-Württemberg und der nordirakischen Region Dohuk hat mit der Aufnahme traumatisierter Flüchtlinge im deutschen Südwesten begonnen. Zwischen 2015 und Anfang 2016 kamen 1100 Frauen und Kinder im Zuge eines Sonderkontingents aus der Autonomen Region Kurdistan in das Land zwischen Main und Bodensee. Daneben gibt es drei Projekte mit insgesamt 1,1 Millionen Euro - vom Bau einer Mülltrennungsanlage über Unterstützung für verwitwete Markthändlerinnen bis hin zu Hilfen für Schulen.

Der Projektleiter für das Traumazentrum, Jan Ilhan Kizilhan, appelliert mit Blick auf 1900 schwertraumatisierte Mädchen und Frauen in den Camps an andere Bundesländer und Nationen, sich dieser anzunehmen. "Sie halten es in den Zelten kaum aus und drohen, ohne Behandlungsmöglichkeit chronisch krank zu werden." Insbesondere diejenigen, die mehr als zwei Jahre in Händen der Terrormiliz waren, bedürften der Therapie. Nach Kizilhans Auskunft werden noch 3000 Frauen und Mädchen vermisst, die vom IS verschleppt wurden.

Die UN-Sonderbotschafterin gegen Menschenhandel, Sacharow-Preisträgerin Nadia Murad, gehört zu den Jesidinnen, die aus der IS-Gefangenschaft flüchten und nach Baden-Württemberg kommen konnten. Kizilhan berichtet, sie sei gerade in ihrem zerstörten Heimatdorf gewesen. Der Besuch habe die junge Frau sehr mitgenommen. Der Experte empfiehlt: "Sie sollte sich Zeit nehmen für eine intensive psychotherapeutische Behandlung - die schlimmen Erlebnisse können nicht durch politische Aktivitäten kompensiert werden."