Ursache für frühkindliche Zystennieren identifiziert

Gen-Veränderungen sorgen für schwere Störung der Nierenfunktion / Erkenntnisse führen zu verbesserter Diagnostik und könnten langfristig neue Therapieansätze ermöglichen

Heilung polyzystischer Nierenerkrankungen soll möglich werden

Gen-Veränderungen können schwere Störungen der Nierenfunktion zur Folge haben. Neue Forschungserkenntnisse führen zu verbesserter Diagnostik und könnten langfristig neue Therapieansätze ermöglichen.

Zystennieren zeichnen sich durch die Bildung flüssigkeitsgefüllter Hohlräume aus, die zu Nierenversagen führen können. Neben einer eingeschränkten Nierenfunktion leiden die betroffenen Patienten häufig an Bluthochdruck und Lebersymptomen. Die Autosomal Rezessive Polyzystische Nierenerkrankung (ARPKD) zeigt sich meist schon bei der Geburt oder im frühen Kindesalter und verläuft besonders schwer. Nun haben Forscher des Universitätsklinikums Freiburg gemeinsam mit deutschen und internationalen Kollegen eine Ursache für die gestörte Nierenfunktion gefunden.

Die Wissenschaftler aus Deutschland, Australien, Singapur und den USA erkannten, dass Veränderungen im Gen DZIP1L zu einer fehlerhaften Zilienfunktion auf den Nierenzellen führen. Zilien sind antennenförmige Fortsätze, die für die Zellteilung und -kommunikation wichtige Prozesse regulieren. Störungen der Zilien gelten schon länger als mögliche Ursache von Zystennieren. Die Forscher erhoffen sich nun genauere Hinweise über die bei Zystennieren gestörten Prozesse als Ansatzpunkte für neue Therapien. Die Studie wurde am 23. Mai 2017 im Fachjournal Nature Genetics veröffentlicht.  

Veränderung am Gen DZIP1L ist der Schlüssel

“Bei unseren Untersuchungen hat sich gezeigt, dass an dieser eher seltenen Form der Zystennieren mehr Gene beteiligt sind als ursprünglich angenommen“, sagt Studienleiter Prof. Dr. med. Carsten Bergmann, Wissenschaftler an der Klinik für Innere Medizin IV, Schwerpunkt Nephrologie und Allgemeinmedizin, des Universitätsklinikums Freiburg und Leiter des Zentrums für Humangenetik beim Labordienstleister Bioscientia. “Darum sollten Patienten mit Zystennieren zukünftig auch auf Veränderungen im Gen DZIP1L untersucht werden, wenn die bisherigen Genanalysen keine Auffälligkeiten zeigen“, sagt Prof. Bergmann.  

Mithilfe neuer Sequenziertechniken fanden die Wissenschaftler in Blut- und Gewebeproben von betroffenen Patienten die als Mutationen bezeichneten Veränderungen im Gen DZIP1L. Die Forschungsgruppe von Prof. Bergmann in der Klinik für Innere Medizin IV des Universitätsklinikums Freiburg, schalteten das Gen im Modellorganismus Zebrafisch gezielt aus. Daraufhin war die Nierenfunktion beeinträchtigt. In weiteren Zellanalysen zeigte sich, dass die antennenförmigen Zilien auf den Nierenzellen nicht mehr richtig funktionieren. Außerdem entdeckten die Forscher, dass das Gen DZIP1L auch bei der wesentlich häufigeren Autosomal Dominant vererbten Polyzystischen Nierenerkrankung (ADPKD) eine wichtige Rolle spielt. Von dieser Form sind etwa ein bis zwei von 1.000 Personen in Deutschland und weltweit mehr als 12 Millionen Patienten betroffen.

Auf Grundlage der aktuellen Studie werden die Forscher nun die Funktion von DZIP1L bei Zystennieren weiter erforschen. Langfristiges Ziel ist die Entwicklung von Therapien, mit denen eine Heilung polyzystischer Nierenerkrankungen möglich wird. Bislang lassen sie sich nur mit einer Nierentransplantation ursächlich behandeln.