Verordnen Zahnärzte bald Rotwein?

Studien legen nahe, dass Rotwein gesundheitliche Vorteile mit sich bringt. Dass der Rebensaft jedoch Zahnfleischtaschen und Zahnfleischerkrankungen vorbeugen kann, wird erst seit kurzem diskutiert.

Polyphenole in Rotwein unterbinden bakterielle Ablagerungen in der Mundhöhle

Studien legen nahe, dass Rotwein gesundheitliche Vorteile mit sich bringt. Dass der Rebensaft jedoch Zahnfleischtaschen und Zahnfleischerkrankungen vorbeugen kann, wird erst seit kurzem diskutiert. 

In vino sanitas: Wein kommt der Gesundheit zugute. Vor allem die in Rotwein enthaltenen Stoffe sollen vor diversen Erkrankungen schützen. Zahlreiche Studien berechtigen zu dieser Annahme. Die Bandbreite reiche hier von einigen Krebsarten, über kardiovaskuläre Erkrankungen, Osteoporose bis hin zur Demenz. Darüber hinaus begünstige Rotwein die hormonelle Gesundheit, Blutfettwerte und sogar den Blutzucker. 

Der Großteil der gesundheitlichen Vorteile entspringt den Polyphenolen. Diese Mikronährstoffe mit antioxidierenden Eigenschaften schützen vor freien Radikalen. Ein weiterer Vorteil, den Polyphenole in sich bergen, zielt auf die Darmbakterien ab. Einige Polyphenole können im Dünndarm absorbiert werden, der Darmflora unter die Arme greifen und somit Bakterien abwehren, die gesundheitsschädlich sind. 

Auf dieser Basis vermuteten María Victoria Moreno-Arribas und Kollegen, dass Rotwein diesen Effekt auch auf die orale Gesundheit hat. Die in Rotwein enthaltenden Polyphenole, so ihre Hypothese, schützen den Mund, indem sie Bakterien abwehren, die für die Entstehung von Zahnfleischtaschen und Zahnfleischerkrankungen ursächlich sind. 

Im Rahmen ihrer Studie stellten die Wissenschaftler einen Vergleich zwischen Kaffeesäure, p-Cumarsäure – diese Polyphenole sind typischerweise in Rotwein enthalten – und den Rotweinextrakten Provinol und Vitaflavan auf. Untersucht wurde der Einfluss auf die schädlichen Mundbakterien Fusobacterium nucleatum, Streptococcus mutans und Porphyromonas gingivalis. Die Experimente wurden mit im Labor erzeugtem Zahnfleischgewebe durchgeführt. 

Kombination aus Kaffeesäure, p-Cumarsäure und Streptococcus dentisani wirkte am besten

Wie sich herausstellte, erwiesen sich die Polyphenole Kaffeesäure und p-Cumarsäure als sehr wirkungsvoll. Diese Substanzen bildeten eine stabile Abwehr gegenüber der untersuchten Bakterien. In der Folge wurde bakteriellen Ablagerungen entgegengewirkt. 

Im nächsten Schritt testete das Forscherteam die Kombination aus Kaffeesäure, p-Cumarsäure und Streptococcus dentisani, einem oral verabreichten Probiotikum, das, wie neueste Forschungsergebnisse zeigen, Karies vorbeugen kann. Die Wissenschaftler sprechen diesem Experiment einen noch erfolgreicheren Ausgang zu, da die schützende Wirkung der beiden Polyphenole durch das Vorhandensein des Probiotikums verstärkt wurde.

Die abschließende Untersuchung phenolischer Metaboliten – diese Substanzen werden freigesetzt, wenn sich die Polyphenole im Mund transformieren – legt nahe, dass Polyphenole einen Wirkstoff in sich bergen, der einen schützenden Effekt mit sich bringt. 

Welche Mengen für diese Effekte vonnöten sind, geht aus der Untersuchung von Moreno-Arribas et al. nicht hervor. Die Dietary Guidelines 2015 to 2020 aus den Vereinigten Staaten empfehlen Frauen jedoch, nicht mehr als ein Glas Wein am Tag zu trinken, Männer dürfen ihr Weinglas dagegen einmal nachfüllen.  

Zunächst müssen die Studienergebnisse in klinischen Versuchen repliziert werden, damit sie belastbar sind. Vielleicht wird der Zahnarzt der Zukunft schon bald neben Zahnseide auch ein Glas Rotwein am Tag verordnen.