Von Golden Shower bis Peegasm – Urin als Fetisch

Urin hat längst nicht nur klinisch eine Bedeutung. Zahlreiche Menschen nutzen die bernsteinfarbene Flüssigkeit ebenso selbstverständlich als luststeigernden Teil ihrer Sexualität, wie eine EAU-Session zeigte.

Was sollten Sie zum Thema Urophilie wissen?

Wassersport mal anders

Die Urophilie gehört zu den sexuellen Tabus, über die auch Ärztinnen und Ärzte wohl eher selten etwas erfahren. Dennoch zeugt allein der Umstand, dass es so viele verschiedene Begriffe für die "Liebe zum Urin" gibt, davon, dass das Thema gar nicht so selten sein kann. Doch, ob es nun "Golden Shower", "Natursekt" oder "Wassersport" genannt wird, den Anhängern der Urophilie ist eines gemeinsam: Die Lust am Geruch, Geschmack und am Empfinden von Urin zur Steigerung der gemeinsamen sexuellen Befriedigung.

Schon aus der Japanischen Fetisch-Subkultur des "omorashi" sind Spiele mit Urin bekannt. Dort empfinden die Beteiligten beispielsweise einen Lustgewinn, indem sie den Harndrang einer vollen Blase spüren und daraufhin auf sich selbst urinieren und so ein befriedigendes Gefühl erleben oder ihren Partner / ihre Partnerin dabei beobachten. Werden solche Spiele Outdoor durchgeführt, heißen sie in Japan "yagai", wird dabei hingegen eine Windel getragen, ist es "omutsu". Darüber hinaus wird Urophilie auch in ausgewählten Videospielen, Anime und Manga-Comics sowie Fetisch-Filmen thematisiert und unterschwellig eingebaut.

Aus dem englischsprachigen Raum kennen wir hingegen den Begriff des "peegasm". Dabei wird ebenfalls die volle Blase so lange wie möglich gehalten, um das Gefühl mit sexuellen Handlungen zu verbinden, welche beispielsweise die anogenitale Region und auch den Beckenboden stimulieren.

Wie häufig ist die Urophilie?

Genaue Zahlen für ein streng tabuisiertes Verhalten sind selbstverständlich nicht verfügbar. Allerdings lässt sich aus der Literatur und aus Expertenbefragungen abschätzen, dass die Urophilie nicht so selten ist, wie gedacht.

In einer australischen Umfrage gaben circa 4% der Männer an, Lust an "Wassersport" zu haben. In Großbritannien belegte die Urophilie in einer weiteren Umfrage den 9. Platz der 10 häufigsten Sex-Fetische.

In Kanada gaben 4% der befragten Frauen an, Urin als sexuellen Stimulus zu nutzen, ebenso wie 10% der Männer. In einer Umfrage unter Menschen mit nicht-konventionellen Sex-Praktiken aus San Francisco gaben sogar bis zu 36% an, Urin als Fetisch zu nutzen.

Urophilie aus ärztlicher Sicht

Gesellschaftlich zählt die Urophilie sicher zu den am meisten tabuisierten Fetischen überhaupt. Dennoch ist aus ärztlicher Sicht nicht mit gesundheitlichen Folgen der Partnerinnen oder Partner zu rechnen. Aus psychologischer Sicht geht es primär um die Motivation für die Nutzung von Urin in der Sexualität.

Nutzer antworten darauf, dass sie es zum einen genießen, ein Tabu in einer sicheren und auf beiderseitiger Zustimmung basierenden Umgebung ausleben zu können. Zum anderen finden sich auch hier wieder Aspekte aus Dominanz und Unterordnung, die für viele Menschen – bewusst oder unbewusst – Teil ihrer gelebten Sexualität sind.

Darüber hinaus gibt es bei gesunden Menschen kein erhöhtes Risiko für Gesundheitsgefahren durch "Wassersport". Ausnahmen bestehen selbstverständlich, wenn Harnwegsinfektionen oder offene Wunden vorliegen. Und selbstverständlich spielen bei allen sexuellen Spielweisen immer auch die sexuell übertragbaren Infektionen (STI) eine Rolle, gerade dann, wenn auch bewusst auf das Kondom verzichtet wird.       

Quellen:
Talwar HS. Urolagnia and ‘Watersports’: The story behind the tabooed but a surprisingly common sexual fetish using urine. Abstract Session 27: History of urology pearls. 37th Annual EAU Congress 2022, Amsterdam.