Vorteile der Tageslicht-PDT bei Aktinischen Keratosen klar bewiesen

Dr. Roland Aschoff, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Stellvertretender Klinikdirektor, Leiter der Poliklinik für Dermatologie beantwortet Fragen zur neuen Tageslicht-Therapie bei Aktinischen Keratosen.

Dr. Roland Aschoff, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Stellvertretender Klinikdirektor, Leiter der Poliklinik für Dermatologie beantwortet Fragen zur neuen Tageslicht-Therapie bei Aktinischen Keratosen. 

Seit April 2018 können Dermatologen auf praxisnahen Workshops in ganz Deutschland von erfahrenen Referenten mehr über die praktische Durchführung sowie die wissenschaftlichen Grundlagen der Tageslicht-PDT erfahren.

esanum: Herr Dr. Aschoff, was weiß man Neues über den Zusammenhang von UV-Licht, Vitamin D und hellem Hautkrebs?

Aschoff: Das lässt sich leider nicht erschöpfend beantworten, da noch einiges an Forschungsarbeit geleistet werden muss. Nachgewiesen ist der Zusammenhang zwischen Vitamin D und dem Kalzium- und Knochenstoffwechsel. Doch über die Bildung bzw. Vermeidung von Hauttumoren gibt es noch keine konkreten Auskünfte. Wir wissen aber, dass es keine Vitamin-D-Bildung in der Haut ohne DNA-Schäden gibt. Im Sommer produzieren wir ausreichend Vitamin D3. Für Personen, die medizinisch indiziert einen konsequenten Lichtschutz durchführen müssen und dadurch einen ärztlich nachgewiesenen Vitamin D3-Mangel aufweisen, kann auch im Sommer die Vitaminproduktion zu gering sein und eine Supplementierung empfehlenswert sein. Allerdings verwenden die meisten von uns viel zu selten eine Sonnencreme oder die Sonnencreme wird zu dünn aufgetragen, so dass die Filterfunktion deutlich geringer ist. Diese Personen bilden ausreichend Vitamin D. Im Winter ist die Produktion bei uns nicht ausreichend, wobei man hier mit einer Supplementierung von Vitamin D gegensteuern kann. Die UV-Strahlung in den heutigen Solariengeräten ist für den Erhalt bestehender Bräune optimiert und ineffektiv bezüglich Vitamin-D-Bildung. Deshalb überwiegen die Risiken durch die UV-Strahlung der Solarien gegenüber dem marginalen Bildungseffekt. Eine Übersicht des aktuellen Wissensstandes zum Zusammenhang von UV-Strahlung, Vitamin D und hellem Hautkrebs gibt die Strahlenschutzkommission (SSK-Beratungsgremium des Bundesumweltministeriums) in der Empfehlung "Schutz des Menschen vor den Gefahren solarer UV-Strahlung und UV-Strahlung in Solarien".

esanum: Wie sind die bekannten Photodynamischen Therapien (PDT) bei Aktinischen Keratosen und Feldkanzerisierungen in jüngster Zeit erweitert und verbessert worden?

Aschoff: Die klassische PDT unter Verwendung von Rotlicht ist durch die Anwendung von Tageslicht erweitert worden, sodass der Patient diese auch selbst zu Hause durchführen kann. Die einzige Voraussetzung ist: es muss ausreichend warm sein, mindestens 10 Grad und es muss ausreichend Licht vorhanden sein, was bei uns in der Regel von April bis Oktober der Fall ist. Dabei reicht ein leicht bewölkter Himmel aus, es darf nur nicht regnen.

esanumWas ist konkret neu an den Lichttherapien, wie läuft die Therapie genau ab?

Aschoff: Neu ist, dass als Lichtquelle Tageslicht dazu kommt. Bisher waren spezielle Lampen wie z.B. Rotlicht-LED-Lampen zur Durchführung der PDT notwendig. Der Ablauf der Therapie aber ähnelt sich, wobei bei der Tageslicht-PDT vor der Behandlung Sonnencreme aufgetragen wird, welche UV-Licht, was zur Therapie nicht benötigt wird, eliminiert. Wie bisher wird danach als Photosensibilisator Aminolävulinsäure auf die Haut aufgetragen. Dieser wird von den Tumorzellen der Haut aufgenommen und es bildet sich daraus Protoporphyrin IX. Dieser Stoff ist sehr lichtempfindlich. Wird er mit Licht aktiviert, entstehen in der Zelle Sauerstoffradikale – ein Zellgift, das die Tumorzelle zerstört.

Neu ist auch, dass die Therapie ohne Schmerzen abläuft. Bisher wurden die Patienten nach einer Einwirkzeit der Aminolävulinsäure von 3 Stunden mit rotem LED-Licht belichtet, was zu starken Schmerzen führte. Sie gaben im Durchschnitt eine Schmerzintensität von 6 bis 7 auf einer visuellen Analogskala von 0 bis 10 an. Je nach Lampentyp dauerte das 10 bis 15 Minuten. Das Neue an der Tageslicht-PDT ist nun, dass der Patient innerhalb von 30 Minuten nach dem Auftragen der Aminolävulinsäure nach draußen in die Sonne geht und dort für 2 Stunden verbleibt. Diese Belichtung ist nicht schmerzhaft, der Patient verspürt in der Regel nur ein leichtes Kribbeln. Da die Therapie keine Schmerzen mehr verursacht und keine besondere Lichtquelle notwendig ist, kann sie der Patient eben zu Hause z.B. im Garten durchführen. Die Lichtquelle ist die Sonne.

esanum: Wie ist man auf die Idee mit dem Sonnenlicht gekommen?

Aschoff: Die Dänen haben vor über zehn Jahren die ersten Studien durchgeführt, um die Schmerzen bei der Behandlung zu reduzieren und die Therapie einem großen Patientenkreis zugute kommen zu lassen, denn die Therapie mit der Lampe ist nur in spezialisierten Zentren möglich. Es geht schließlich um eine große Zahl von Patienten. In unseren Breiten haben ein Drittel aller Männer und 20 Prozent aller Frauen über 70 Jahren aktinische Keratosen. In Queensland sind die Hälfte aller Männer unter 70 Jahren betroffen – mit steigender Prävalenz.

esanum: Wie oft ist die Prozedur nötig?

Aschoff: Die Behandlung wird einmalig durchgeführt. Sie kann, wenn noch nicht alle Krebsvorstufen abgeheilt sind, nach z.B. 3 Monaten wiederholt werden. Da es sich aber um eine chronische Erkrankung handelt, werden im Laufe der Zeit erneut aktinische Keratosen auftreten, welche eine erneute Therapie bedürfen. Auch dafür eignet sich eine Tageslicht-PDT.

esanum: Was sagen Studien über die verbesserte Wirkung der Therapie – wie sieht der Nutzen konkret aus?

Aschoff: Die aktuellste Studie ist eine Vergleichsstudie zwischen BF- 200 ALA und MAL. Man sieht, dass die Abheilungsraten der aktinischen Keratosen durch die einmalige Therapie bei etwa 80 Prozent liegen, im Gesicht werden sogar Abheilungsraten von bis zu 85 Prozent erzielt.

Die Vorteile der Tageslicht-PDT zusammengefasst:

esanum: Was ist mit Rezidiven?

Aschoff: Die Rezidivrate nach 12 Monaten ist sehr gering. Bei BF-200 ALA liegt sie bei 19,9 Prozent und bei MAL beträgt sie 31,6 Prozent.

esanum: Wird es demnächst weniger notwendige Operationen geben?

Aschoff: Um das zu sehen, braucht es noch Zeit. Die Hoffnung ist, dass die Entwicklung von Plattenepithelkarzinomen enorm reduziert werden kann – oder dass zumindest der Anstieg, den wir aktuell sehen, verlangsamt wird. Das setzt aber voraus, dass alle Patienten mit aktinischen Keratosen konsequent behandelt werden.

esanum: Ist das Verfahren zugelassen, sodass alle Kassen es bezahlen?

Aschoff: MAL ist seit 2016 für die Tageslicht-PDT zugelassen, BF-200 ALA seit diesem Jahr und wird auch von den gesetzlichen Kassen übernommen – die Zulassung gilt für Gesicht und Kopfhaut, leider noch nicht für die Extremitäten. Dazu baucht es noch weitere Studien.

esanum: Wie ist die Akzeptanz bei den Patienten?

Aschoff: Die Patienten sind von der Therapie begeistert. Sie ist effektiv, wirkt anhaltend, geht schnell, schmerzt nicht und sie ist für alle Versicherten kostenfrei. Über 90 Prozent der Patienten sagen, sie würden die Behandlung bei Bedarf gern wiederholen.