Was der Gang mit 45 über körperliche und geistige Fitness verrät

Nicht nur die Gehgeschwindigkeit eines alten Menschen kann etwas über seinen Gesundheitszustand verraten. Auch aus der von 45-Jährigen lässt sich schon viel schließen.

Schnelle Geher sind geistig und biologisch jünger

Nicht nur die Gehgeschwindigkeit eines alten Menschen kann etwas über seinen Gesundheitszustand verraten. Auch aus der von 45-Jährigen lässt sich schon viel schließen.

Die Gehgeschwindigkeit eines Menschen kann verraten, wie gesund und geistig fit er ist. Bisher war dieser Zusammenhang nur für ältere Menschen beschrieben. Nun hat ein Team auch für 45-Jährige herausgefunden, dass schnelle Geher im Schnitt biologisch und geistig jünger sind als langsame. Die Forschenden haben sogar eine Verbindung zur Gehirn-Fitness im Alter von drei Jahren gefunden. Line Jee Hartmann Rasmussen von der Duke University in Durham und ihr Team präsentieren die Studie im Fachmagazin "Jama Network Open". Gemütliches Schlendern haben die Forschenden jedoch nicht untersucht.

Die Gehgeschwindigkeit hängt dem Forschungsteam zufolge von mehreren Faktoren ab, darunter der Funktion und dem Zusammenspiel der Muskeln, dem visuellen System sowie dem zentralen und dem peripheren Nervensystem. Entscheidend seien auch die Fitness der Lunge und des Herz-Kreislauf-Systems. Die Gehgeschwindigkeit im mittleren Lebensalter könnte ein zusammenfassender Anzeiger für das lebenslange Altern eines Menschen sein, schreiben die Forschenden. Extrem langsames Gehen könne zudem auf mögliche Veränderungen des zentralen Nervensystems im Kindesalter hinweisen.

Sind langsam Gehende weniger intelligent?

Die 904 Studienteilnehmenden waren 1972 oder 1973 in der neuseeländischen Stadt Dunedin geboren worden. Sie wurden mehrfach umfangreich untersucht, unter anderem im Alter von 45 Jahren. Dazu gehörten eine Ganganalyse und ein Gehirnscan. Die körperliche und die geistige Fitness wurden anhand verschiedener Faktoren ermittelt.

Bei der Ganganalyse wurden die Normalgeschwindigkeit, die Geschwindigkeit beim gleichzeitigen Lösen einer Aufgabe und die Höchstgeschwindigkeit gemessen. Bei allen drei Messreihen sowie einer zusammenfassenden Untersuchung zeigte sich ein klarer Zusammenhang der Gehgeschwindigkeit mit dem Zustand des Gehirns und der körperlichen Fitness. Am stärksten war er bei der Höchstgeschwindigkeit.

Das Fünftel der Teilnehmenden mit der niedrigsten Gehgeschwindigkeit war zwischen dem 26. und dem 45. Lebensjahr um fünf Jahre schneller biologisch gealtert als das am schnellsten gehende Fünftel. Die am langsamsten Gehenden zeigten auch durchschnittlich einen um 16 Punkte niedrigeren Intelligenzquotienten als die schnellsten sowie eine geringere Dicke der Hirnrinde.

Tests im Kindesalter könnten bereits aussagekräftig für spätere Gesundheit sein

Ein Vergleich mit den Untersuchungen im Alter von drei Jahren erbrachte einen weiteren Zusammenhang: Wer bei den damaligen Tests schlecht abschnitt, gehörte mit deutlicher statistischer Wahrscheinlichkeit mit 45 zu den langsameren Gehern. Diese Tests umfassten die Beurteilung aus kinderneurologischer Sicht, standardisierte Tests der Intelligenz, der Sprachaufnahme und der motorischen Fähigkeiten sowie Bewertungen des Verhaltens. "Vielleicht haben wir hier eine Chance zu sehen, wer im späteren Leben gesundheitlich besser abschneiden wird", sagt Rasmussen.

In einem Kommentar, ebenfalls in "Jama Network Open", schreibt Stephanie Studenski von der University of Pittsburgh: "Die Gehgeschwindigkeit scheint ein wertvolles Signal für mögliche gesundheitliche Bedenken bei Erwachsenen im mittleren Lebensalter zu sein." Sie plädiert dafür, die Zusammenhänge weiter zu erforschen und für medizinische Untersuchungen zu nutzen. Unter Verwendung der Daten aus der Studie schlägt Studenski einen Wert von ungefähr 1,1 Metern pro Sekunde als Untergrenze für eine normale Ganggeschwindigkeit vor.

Quelle:
Rasmussen LJH, Caspi A, Ambler A, et al. Association of Neurocognitive and Physical Function With Gait Speed in Midlife. JAMA Netw Open. Published online October 11, 20192(10):e1913123. doi:10.1001/jamanetworkopen.2019.13123