Wenn fokale Therapie versagt, geht’s auf dünnes Eis

Die fokale Therapie (FT) des Prostatakarzinoms wird sowohl von vielen Patienten als auch immer mehr Urologinnen und Urologen als eine nebenwirkungsarme, organerhaltende Operationstechnik bewertet. Wirklich evidenzbasierte Daten dafür gibt es jedoch nicht. So gilt die FT derzeit noch als ein rein experimentelles Behandlungsverfahren. Und was passiert, wenn die FT versagt hat?

Evidenzlage unzureichend für Empfehlungen nach FT-Versagen

Die fokale Therapie (FT) des Prostatakarzinoms wird sowohl von vielen Patienten als auch immer mehr Urologinnen und Urologen als eine nebenwirkungsarme, organerhaltende Operationstechnik bewertet. Wirklich evidenzbasierte Daten dafür gibt es jedoch nicht. So gilt die FT derzeit noch als ein rein experimentelles Behandlungsverfahren. Und was passiert, wenn die FT versagt hat?

Der Terminus “fokale Therapie”ist eigentlich ein Sammlungsbegriff für eine Reihe ganz unterschiedlicher Therapieansätze, denen allen gemeinsam ist, organerhaltend nur den Tumor anzugehen und das umstehende gesunde Gewebe zu schonen. Hierunter zählen unter anderem die HIFU, die Cryotherapie, die photodynamische Therapie (PDT, VTP) sowie die irreversible Elektroporation (IRE).

Verschiedene Ansätze, aber ein Ziel

Bei der HIFU wird mit hoch-intensiven Ultraschallwellen eine Hyperthermie im Tumorgewebe ausgelöst, was schließlich zu einer maximalen Zerstörung des Tumors führt. Die Cryotherapie indes verwendet Cryosonden, über die flüssiges Argon in den Tumor eingeleitet und dieser daraufhin “vereist” und nekrotisch wird. Die photodynamische Therapie setzt lichtsensitive Farbstoffe ein, welche nach Anregung mit Laserlicht aktiv werden und im Tumor beispielsweise Hypoxie und eine Vasokonstriktion auslösen, um diesen abzutöten. Bei der IRE schließlich nutzen ÄrztInnen hohe elektrische Spannungen, um die entarteten Zellen zu schädigen.

Vorteile der FT

Weshalb sich die FT trotz der noch unzureichenden Evidenzlage auch im Praxisalltag bereits wachsender Beliebtheit erfreut, liegt sicher daran, dass sie auf den Tumor fokussiert erfolgt und dabei die übrige Prostata schont. Tatsächlich sind die Erfolge der FT gerade im Vergleich zur radikalen Prostatektomie nicht von der Hand zu weisen.

Inkontinenzraten von < 2% oder das Auftreten einer erektilen Dysfunktion in lediglich 5-20% der Patienten sprechen für sich. Dennoch dämpfen auch die aktuellen Leitlinien der EAU und DGU die damit im Zusammenhang stehende Euphorie: FT ist nach wie vor eine experimentelle Therapiemethode, deren Einsatz nicht außerhalb von Studien zu empfehlen ist.

Jedoch fragen immer mehr Patienten nach dieser schonenden Prostatakarzinombehandlung und auch immer mehr UrologInnen machen diese Methode einer streng ausgewählten Patientengruppe zugänglich. Doch was passiert, wenn die FT am Ende versagt und der Patient progredient ist?

Nach FT-Versagen: Was tun?

Aufgrund der nur geringen Datengrundlage (mehrere Fallserien und nur 1 RCT) für die FT gibt es weder aus Studien noch im Expertenkonsens derzeit Empfehlungen , wie mit einem FT-Versagen umzugehen ist. Für Urologinnen und Urologen bedeutet dies am Ende, dass sie sich hier auf medizinrechtlich “dünnes Eis” begeben.

Da das PSA-Monitoring für die FT nicht validiert wurde, bleiben meist nur bildgebende Verfahren und Prostatabiopsien alle 6-12 Monate, um den Behandlungserfolg zu überprüfen. Aus der Literatur geht hierzu allerdings hervor, dass bis zu 25% der Patienten eine positive Biopsie während dieser Verlaufskontrollen erhalten. In einigen Fällen handelt es sich dabei um einen neuen Tumorherd, in anderen jedoch um “vergessenen” Tumor des Primärherdes.

Den behandelnden UrologInnen bieten sich nun folgende Möglichkeiten einer Weiterbehandlung, allerdings ist keine dieser bisher als Zweitlinie nach einer erfolglos durchgeführten FT untersucht worden:

  1. Aktive Überwachung,

  2. erneute FT des betreffenden Bereichs,

  3. Ablation der Prostata mit verschiedenen Verfahren,

  4. Salvage-Strahlentherapie,

  5. Salvage radikale Prostatektomie.

Die zu diesem Thema verfügbare Studienlage (1 Review mit 4 Studien) deutet jedoch an, dass Salvage-Verfahren nach FT stets einen schlechteren prognostischen Outcome haben als diese Verfahren in Erstlinientherapie. So zeigte sich etwa, wenn eine Salvage-Behandlung zwischen 3 und 48 Monaten nach FT durchgeführt wurde, dass das biochemische Wiederauftreten des PCa 32,8% betrug. Die Kontinenz ließ sich dann nur noch bei etwa 57% der Patienten erhalten und eine zufriedenstellende erektile Funktion gaben lediglich 4,4% der Salvage-behandelten Männer an.      

Fazit

Kommt es nach einer FT zu einem Progress oder zum Wiederauftreten von Tumorherden, so ist die Datenlage bisher nicht ausreichend, um Empfehlungen für eine rationale Weiterbehandlung dieser Patienten geben zu können. Dennoch scheint die Salvage radikale Prostatektomie durchaus geeignet und sicher zu sein.

Jedoch sollten Patienten, die sich nach erfolgloser FT der Salvage radikalen Prostatektomie unterziehen wollen, darauf hingewiesen werden, dass ein solches Vorgehen mit einem höheren Grad der erektilen Dysfunktion sowie einem verkürzten Versagens-freien Überleben assoziiert ist.

Quelle: Thematic Session 2 “Focal Therapy”, EAU 2019, Barcelona