12.5 Prozent mehr Lohn für Ärzte an Unikliniken gefordert

Neues zur Klinikreform, Ärzte an Unikliniken sollen wieder mehr Geld verdienen - was in der vergangenen Woche wichtig war: im Wochenrückblick Gesundheitspolitik.

Erste Schritte vorwärts bei der Krankenhausreform

Nach dem Kabinettsbeschluss zum Krankenhaus-Transparenzgesetz am 13. September hat der Bundestag am vergangenen Donnerstag dieses Gesetz in erster Lesung beraten. Darüber hinaus hat das BMG den Referentenentwurf für das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen vorgelegt, beides wichtige Bestandteile der Krankenhausreform, die allerdings in ihrer Ausgestaltung insbesondere zwischen Bund und Ländern umstritten sind. Das Transparenzgesetz kann der Bundestag ohne Zustimmung des Bundesrates beschließen – alle anderen mit der Klinikreform zusammenhängenden Gesetzesreformen, also zur Notfallversorgung und zur Reorganisation des Rettungsdienstes, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Im Vorfeld der Beratungen im Bundestag hatte es am Mittwoch in Berlin und anderen Städten Protestaktionen gegen ein unkontrolliertes Krankenhaussterben gegeben. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnte vor einem Defizit der Kliniken von zehn Milliarden Euro in diesem Jahr, 70 Prozent der Häuser seien existenziell gefährdet. Für das nächste Jahr sei aufgrund einer Umfrage unter Klinikchefs mit einer weiteren Verschärfung zu rechnen. Verantwortlich für die Notlage seien Karl Lauterbach, Olaf Scholz und Christian Lindner.

In der Parlamentsdebatte am Donnerstag fordert die Unions-Opposition ein Vorschalt-Gesetz zur eigentlichen Klinikstrukturreform, mit dem der Finanzbedarf bis zum Wirksamwerden der Strukturveränderungen festgestellt wird und die Finanzlücken überbrückt werden. 

Im Vorfeld des Protesttages hatte das Bundesgesundheitsministerium ein Faktenpapier zur Finanzsituation der Krankenhäuser verbreitet. Die wichtigsten Punkte:

Das schlägt sich inzwischen in den Finanzen der Krankenkassen nieder: die Ausgaben für stationäre Versorgung stiegen um sieben Prozent, die Ausgaben für Krankenhauspflege sogar um zwölf Prozent.

Altersgrenze für Mammografie-Screening steigt auf 75

Ab Mitte nächsten Jahres können auch die 2,5 Millionen Frauen zwischen dem 70. und 75. Lebensjahr ein Mammografie-Screening in Anspruch nehmen. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss am Donnerstag einstimmig beschlossen. Damit sind für diesen Personenkreis drei weitere Früherkennungsuntersuchungen auf Brustkrebs möglich. Es wird damit gerechnet, dass etwa jede zweite Frau diese Möglichkeit nutzen wird.

Der aktuelle Beschluss des Bundesausschusses beruht auf einer novellierten europäischen Brustkrebsleitlinie der EU-Kommission vom März 2021. Unmittelbar danach hatte der GBA das IQWiG mit einer Nutzenbewertung beauftragt, das zunächst zu dem Ergebnis kam, dass für ältere Frauen – anders als für die Altersgruppe der 45- bis 49-Jährigen – vor allem hinsichtlich der Überlebensvorteile kein eindeutiges Urteil möglich sei. In seinem Abschlussbericht vom August 2022 modifizierte das IQWiG seine Bewertung jedoch: „In der Gesamtschau liegt für die Brustkrebsspezifische Mortalität ein Anhaltspunkt für einen Nutzen des Mammografie-Screenings vor.“ Allerdings lasse sich kein Effekt auf die Gesamtmortalität zeigen.

Die Richtlinie muss noch vom Bundesgesundheitsministerium genehmigt werden. Ferner müssen noch die erforderlichen softwaregestützten Prozesse, etwa zur Dokumentation, aufgebaut werden. Außerdem ist für die Zulassung des Screenings für eine neue Patientengruppe eine eigene strahlenschutzrechtliche Rechtsverordnung erforderlich, für die das Bundesumweltministerium zuständig ist. Grundlage dafür ist eine bereits vorliegende positive Bewertung durch das Bundesamt für Strahlenschutz.

BMG kippt Richtlinie "Ersteinschätzung" – GBA will dagegen klagen

Bundesausschuss und Bundesgesundheitsministerium werden sich vor den Sozialgerichten streiten. Grund dafür ist die umfassende Beanstandung der GBA-Richtlinie zur Ersteinschätzung des Versorgungsbedarfs in der Notfallversorgung von Anfang Juli dieses Jahres. Insgesamt sieben Punkte hatte das BMG beanstandet, insbesondere fehlende Kriterien für die qualifizierte Ersteinschätzung wie beispielsweise Patientensicherheit, Diskriminationsfähigkeit, Vollständigkeit, Objektivität, Reliabilität und Validität. Angesichts der weitreichenden Vorgaben hinsichtlich der fachlich-inhaltlichen Ausgestaltung der Richtlinie hält der GBA-Vorsitzende Josef Hecken eine grundsätzliche Klärung der Frage für notwendig, wie weit die Befugnisse der Rechtsaufsicht gehen, der Selbstverwaltung auch fachliche Vorgaben zu machen. Daher strebt Hecken auch eine Entscheidung des Bundessozialgerichts an. Mit der Beanstandung des BMG wird sich das Plenum des Bundesausschusses auf seiner Sitzung am 5. Oktober befassen. 

Uni-Ärzte: Marburger Bund fordert 12,5 Prozent

Mit der Forderung nach einer linearen Tariferhöhung von 12,5 Prozent will der Marburger Bund wieder den Abstand zwischen Ärzten an Universitätskliniken und anderen Krankenhäusern herstellen. Begründet wird dies mit der Dreifachbelastung der Uni-Ärzte: die medizinische Versorgung schwerkranker Patienten, das Engagement in der Forschung und Aufgaben in der Lehre. 

Darüber hinaus fordert der Marburger Bund in den anstehenden Tarifverhandlungen mit den Ländern eine grundlegende Neuordnung der Regeln für Schicht- und Wechselschichtarbeit. Dazu sollen Arbeit in der Nacht, an Wochenenden und Überstunden deutlichen aufgewertet werden. Die Gewerkschaft begründet dies mit dem Trend, dass aufgrund der Arbeitsverdichtung immer mehr Aufgaben in der Patientenversorgung in die Tagesrandzonen verlagert werden. 

Start in die Impfsaison – auch gegen Covid 19

Seit Anfang vergangener steht ein an die Virusvariante XBB.1 angepasster Impfstoff des Herstellers BioNTech zur Verfügung. Am Montag hatte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Bundeswehrkrankenhaus Berlin impfen lassen und damit die Impfsaison eröffnet. Er und die Ständige Impfkommission empfehlen die Impfung gegen Covid 19 generell für Personen über 60 Jahre sowie alle Menschen, die aufgrund bestimmter Erkrankungen – Lungen- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Adipositas –  ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Ferner soll sich Personal in allen Gesundheitseinrichtungen und Praxen impfen lassen. Für den Rest der Bevölkerung, die bereits mehrfach geimpft ist, bestehe keine Notwendigkeit einer weiteren Auffrischung. 

Darüber hinaus stehen zwei neue Impfstoffe gegen das Atemwegsvirus RSV zur Verfügung. Das Pfizer-Produkt Abrysvo hat eine Zulassung als Impfung von Schwangeren, die den Immunschutz im Mutterleib und nach der Geburt über das Stillen an das Kind überträgt. Die Vakzine von Glaxo-SmithKline Arexvy ist nicht für Schwangere zugelassen. Ferner ist ein Antikörper von AstraZeneca und Sanofi verfügbar, der Säuglinge in ihrer ersten RSV-Saison schützen kann.       

Lohnfortzahlungen überschreiten 70 Milliarden Euro

Aufgrund eines erhöhten Krankenstandes sind die Lohnfortzahlungen der Arbeitgeber im Jahr 2021 um 6,5 Prozent auf 70,2 Milliarden Euro gestiegen. Das geht aus einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft hervor. Eine wichtige Ursache dafür war der Anstieg der Infektionszahlen im vergangenen Winter, der sich bis in die ersten Monate dieses Jahres fortgesetzt hat. Auch für 2023 erwartet das Institut einen weiteren Anstieg der Krankheitsfolgekosten, die die Arbeitgeber allein übernehmen, unter anderem aufgrund der Inflation der dadurch bedingten Tariferhöhungen.