Wochenrückblick Gesundheitspolitik: Level1i-Kliniken: Nukleus für Sektorenüberwindung

Mit den im Rahmen der Krankenhausreform geplanten Level-1i-Kliniken soll die Schaffung einer sektorenübergreifenden Versorgung gelingen. Was in der Kalenderwoche 18 sonst noch wichtig war.

Level1i-Kliniken: Nukleus für Sektorenüberwindung

Die Regierungskommission für die Krankenhausreform hat am Freitag in ihrer zehnten Empfehlung Pläne für eine endlich gelingende sektorenübergreifende Versorgung vorgelegt. Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist dies ein wichtiges Element seines umfassenden Reformkonzepts für das Gesundheitssystem.  

Die bisherigen Versuche, durch Modellprojekte, etwa des GBA-Innovationsfonds, oder durch zahlreiche speziellen Regelungen im SGB V wie etwa die ASV die grundsätzliche Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zu überwinden, hält Kommission unter Leitung des Klinikarztes Professor Tom Bschorr für weitgehend misslungen. Als Hindernis komme hinzu, „ dass die praktische Umsetzung der meisten Regelungen durch rechtliche, bürokratische und organisatische Hürden stark erschwert ist“. 

Level-1i: Vorrangig wird ambulant behandelt 

Die Überwindung der Sektorengrenzen soll bereits kurzfristig, das heißt bei den ersten Realisierungsschritten der Krankenhausreform umgesetzt werden. Dazu soll den künftigen Level 1-i-Kliniken die Vorgabe gemacht werden, dass sie primär ambulant behandeln und dabei auch bisherige stationäre Leistungen ambulantisieren. Hierfür sollen Quoten vorgegeben können – in Verbindung mit Anreizen und Sanktionen.

Qualitative Standards, etwa die Personalbemessung, sollen die Partner der Selbstverwaltung, beispielsweise im Bundesausschuss entwickeln. Dies könne auch nachträglich geschehen. Die Vergütung soll komplett vom DRG-System abgekoppelt und  in degressiv ausgestaltete Tagessätze umgewandelt werden. Diese Tagespauschalen werden vom Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) entwickelt und sollen Vorhaltekosten einschließlich des Pflegepersonals abdecken. Werden niedergelassene Ärzte in die medizinische Behandlung einbezogen, rechnen diese nach EBM ab;  die Tagespauschale wird entsprechend gekürzt. 

Planung ist Ländersache, KVen und Kommunen werden beteiligt

Die Planung dieser Krankenhäuser bleibt Aufgabe der Länder, ebenso die Verpflichtung zur Investitionsfinanzierung. Über Festlegung des ambulanten Leistungsangebots entscheidet ein regionales Planungsgremium unter Vorsitz des Landes und unter Beteiligung von Krankenkassen, Krankenhausgesellschaft und KV; Vertreter der Kommunen sollen beteiligt werden. Für medizinische Fachgebiete, für die bestehende oder drohende Unterversorgung festgestellt ist, sollen Level-i-Krankenhäuser einen ambulanten Versorgungsauftrag erhalten; die Leistungen werden dann nach EBM mit der KV abgerechnet und über die Gesamtvergütung finanziert. 

Ausbau der ASV, Stärkung der Belegärzte

Krankenhäuser können sich auch für ein ausgehandeltes Gesamtbudget entscheiden, aus dem alle Behandlungen für eine Region finanziert werden. Die Gutachter erkennen darin einen besonders starken Anreiz zur Ambulantisierung von Leistungen. Je nach den regionalen Bedingungen sei es sinnvoll, das Krankenhaus zu einem umfassenden ambulant-stationären Gesundheitszentrum, auch unter Einbeziehung von Kurzzeitpflege auszubauen. Grundsätzlich sollen sich Level1i-Kliniken mit Krankenhäusern eines höheren Levels telemedizinisch vernetzen.

 Weitere kurzfristige Maßnahmen könnten sein:

Als langfristige Optionen sehen die Gutachter die Entwicklung eines Primärarztsystems als tragende Säule der ambulanten Versorgung sowie eine Neudefinition der Kompetenzen und Aufgaben ärztlicher und nichtärztlicher Berufe. In Erwägung gezogen werden sollte die Vereinbarung von Regionalbudgets, wie sie in der Psychiatrie bereits erfolgreich erprobt seien.   

Vertragsärzte massiv unzufrieden mit IT-Dienstleistern

Rund die Hälfte der niedergelassenen Ärzte ist explizit unzufrieden mit ihrer Software-Anwendung, drei von vier Vertragsärzten und -psychotherapeuten würden ihre Software nicht weiterempfehlen.  Von diesem Negativurteil sind vor allem weit verbreitete Systeme betroffen. Fast die Hälfte der Ärzte berichten, dass ihr Praxisablauf mehrmals pro Woche oder sogar täglich durch Fehler in der Software gestört wird. Eher bessere Erfahrungen machen Ärzte, die ihre Software gegen alternative Angebiote austauschen. 

Das sind Ergebnisse einer bundesweiten Praxisumfrage des Zentralinstituts für kassenärztliche Versorgung (Zi) zwischen dem 1. März und dem 14. April unter mehr als 10.000 Ärzten. Gegenwärtig werden rund 130 verschiedene Softwaresysteme angeboten, darunter viele kleine Anbieter und Auslaufmodelle (76)) unterhalb von 100 Installationen, Knapp 40 Prozent Marktanteil halten zwei Softwarehäuser. 

Eine funktionstüchtige und robuste Software ist entscheidend für einen reibungslosen Praxisablauf. Weniger als eine von fünf Praxen gibt an, dass keine oder fast keine Fehler auftreten. Dabei sei allerdings zu bedenken, dass Ursache der Fehler auch außerhalb der Software liegen können, beispielsweise beim Konnektor oder bei der gematik. 

Zwei Drittel der Ärzte, die unzufrieden mit ihrer Software sind, wären zu einem Wechsel bereit. Dies kann sich lohnen, denn fast 56 Prozent der Wechsler sind mit ihrem neuen System zufrieden, 19,2 Prozent allerdings nicht. Das Zentralinstitut hat ermittelt, welche Systeme auch im Hinblick auf die Umsetzung der Telematik-Infrastruktur einen systematisch höheren Anteil der zufriedenen Nutzer haben, die ihr System weiterempfehlen würden, den sogenannten Net-Promotor-Scor: Danach liegen 15 Systeme in. einem positiven Bereich von 0 bis plus 76 Punkten. Das Zentralinstitut gibt über diese Systeme auf Anfrage Auskunft. 

Charité mit 135 Millionen Euro Verlust

Die Berliner Charité Universitätsmedizin hat das Geschäftsjahr 2023 mit einem Verlust von 135 Millionen Euro abgeschlossen, wie der „Tagesspiegel“ nach Informationen aus Koalitionskreisen des Berliner Abgeordnetenhauses berichtet. Mit 118 Millionen Euro sei der größte Teil davon auf geminderte Kassenerlöse zurückzuführen, weil aufgrund des Mangels an Pflegekräften 500 der 3100 Betten stillgelegt sind. Bereits zuvor hatte das Klinik-Management einen Sparkurs verordnet, ohne den das Defizit um rund 40 Millionen Euro höher ausgefallen wäre. Der detaillierte Jahresabschluss wird in der Aufsichtsratssitzung 13. Mai beschlossen.