Sachsen-Anhalt will Vorreiter für Telemedizin sein

Theoretisch geht es, technisch auch. In der (Arzt)-Praxis ist die Telemedizin in Deutschland aber eher Neuland. Mit Unbekannten. Es ist eine moderne Form des Arzt-Patienten-Kontakts: Der Patient schickt per Mausklick von zu Hause seine aktuellen Blutdruck- und Blutzuckerwerte an seinen Arzt.

Theoretisch geht es, technisch auch. In der (Arzt)-Praxis ist die Telemedizin in Deutschland aber eher Neuland. Mit Unbekannten.

Es ist eine moderne Form des Arzt-Patienten-Kontakts: Der Patient schickt per Mausklick von zu Hause seine aktuellen Blutdruck- und Blutzuckerwerte an seinen Arzt. Dieser entscheidet per Computer mit Videoverbindung, ob der Patient in die Praxis oder ins Krankenhaus muss, oder ob ihm der Arzt einen Hausbesuch abstattet. Die Telemedizin macht dies laut Experten theoretisch und technisch möglich.

Sachsen-Anhalt will im Zeitalter der Digitalisierung eine Vorreiterrolle bei der Telemedizin in Deutschland einnehmen. Sie sei eine Brücke für eine flächendeckende medizinische Versorgung von Patienten, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). “Wir wollen hier ein Exempel statuieren”, sagte er am Donnerstag bei der Vorstellung eines bundesweiten Modellprojekts mit dem Titel “Wohnen mit Telemedizin in Halle 4.0”. In England, der Schweiz, Norwegen und Schweden gibt es die Telemedizin bereits seit längerem.

“Der Schutz der hochsensiblen Daten der Patienten muss garantiert sein”, betonte Michael Diestelhorst von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums gibt es in Deutschland derzeit mehr als 200 telemedizinische Projekte. Das Besondere des Modellprojekts in Halle ist, dass eine Wohnungsgenossenschaft ihren Mietern Telemedizin anbietet – von einem extra dafür auch technisch ausgestatten Raum aus, einem “Telemedpunkt”. “Wir erwarten, dass in den nächsten Jahren immer mehr Menschen die Möglichkeit nutzen wollen, insbesondere auch dann, wenn sie nicht in einer Großstadt wohnen”, sagte eine Sprecherin. Im sogenannten E-Health-Gesetz ist vorgesehen, dass sowohl die Online-Sprechstunde als auch Anwendungen der Teleradiologie zügig in die vertragsärztliche Versorgung aufgenommen werden, erklärte die Sprecherin.

Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa/Berlin) kündigte unterdessen an, 2017 telemedizinische Konsultationen einführen zu wollen, um Patienten insbesondere mit chronischen und seltenen Erkrankungen zielgerichtet und schneller zu versorgen. Hintergrund ist der demografische Wandel in Deutschland. Davon ist Sachsen-Anhalt am stärksten betroffen. Es gilt als das Land mit der ältesten Bevölkerung.

Zugleich mangelt es an Haus- und Fachärzten vor allem in ländlichen, dünn besiedelten Regionen wie der Altmark. Die Telemedizin sei ein Angebot, aber kein Ersatz für eine medizinische Behandlung vor Ort, schon gar nicht bei Notfällen, betonten Vertreter des Projekts in Halle. Dazu gehören die Telekom, die AOK, die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt, die Wohnungsgenossenschaft Freiheit e.G., Wissenschaftler und das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara (Halle). “Die Telemedizin will den Menschen aber so manchen Weg in eine Praxis ersparen”, sagte Axel Wehmeier, Geschäftsführer der Telekom Healthcare and Security Solutions GmbH. Als unklar gelten indes noch die genauen Modalitäten zur Vergütung der Leistungen der Telemedizin.