Schlucken Senioren zu viele Medikamente?

Mittel gegen Diabetes, Bluthochdruck und dazu eventuell noch Psychopharmaka: Vielen Senioren wird ein Pillen-Cocktail verschrieben, der sich negativ auf die Gesundheit auswirkt. Apotheker wollen helfen, das Problem in den Griff zu bekommen.

Apothekenkammer-Chefin bemängelt Übermedikation bei Senioren

Mittel gegen Diabetes, Bluthochdruck und dazu eventuell noch Psychopharmaka: Vielen Senioren wird ein Pillen-Cocktail verschrieben, der sich negativ auf die Gesundheit auswirkt. Apotheker wollen helfen, das Problem in den Griff zu bekommen.

Bei der Versorgung älterer Menschen mit Medikamenten wollen sich Apotheker in Niedersachsen künftig intensiver mit Ärzten und Pflegekräften austauschen. Ein großes Problem sei, dass chronisch kranke Senioren oft zu viele Mittel einnehmen, deren Wirkstoffe sich teilweise nicht vertragen, sagte die Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, Magdalene Linz, der Deutschen Presse-Agentur. An diesem Wochenende diskutieren Experten beim 9. niedersächsischen Apothekertag in Celle darüber, wie die Medikamente vor allem in Pflegeheimen besser aufeinander abgestimmt werden können.

Nach Angaben der Deutschen Stiftung Patientenschutz schluckt bundesweit jeder vierte über 65-Jährige zu viele Medikamente. Laut Bundesgesundheitsministerium sind rund eine viertel Million Klinikeinweisungen jährlich auf vermeidbare Medikationsfehler zurückzuführen.

Einige Medikamente sind für Senioren nicht geeignet

Einige Medikamente seien für Senioren ungeeignet, sagte Linz. "Sie verschlechtern das Reaktionsvermögen, beeinträchtigen die Sehfähigkeit und steigern damit das Sturzrisiko." Darüber hinaus wisse der Hausarzt manchmal gar nicht, welche Mittel seine Fachkollegen verschrieben hätten. "Einige Patienten kaufen selber noch Arzneimittel wie Johanniskraut, was gravierende Folgen haben kann." Dies gehe bis zu Todesfällen.

Der Innovationsfonds auf Bundesebene fördert ein Projekt mit Federführung in Niedersachsen mit dem Ziel, das Problem der Übermedikation in den Griff zu bekommen. "Wir wollen einen geeigneten interprofessionellen Werkzeugkasten, eine 'Toolbox', zum Thema angemessene und sichere Medikation für Heimbewohner testen", sagte Linz. Diese "Toolbox" sei bereits gemeinsam mit dem Institut für Allgemeinmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover in einem Pflegeheim in der niedersächsischen Landeshauptstadt erprobt worden. Dabei werden stets Möglichkeiten geprüft, einzelne Medikamente abzusetzen. "Eine Frage könnte sein: Muss ich noch Blutfette senken, wenn ich 85 bin?", sagte die Kammerpräsidentin.

Darüber hinaus hat die AOK Niedersachsen einen Vertrag mit Hausärzten und Apothekern geschlossen, um eine bessere Versorgung der Patienten, die mindestens acht Medikamente einnehmen, zu erreichen. "Wenn der Patient zustimmt, bekommt der Arzt alle Daten und bewertet sie selbst, zieht einen Apotheker zurate oder übergibt die Bewertung einer Apotheke." Dieses Modellprojekt solle in Kürze starten, kündigte Linz an.