Sektorenübergreifende Notfallversorgung braucht zentrale Anlaufstelle

Die Notfallversorgung in Deutschland ist noch immer sektoral organisiert. Neben der 112 gibt es auch die 116117 sowie lokal unterschiedliche Nummern des Bereitschaftsdienstes. Auf dem Hauptstadtkongress wurden nun Lösungen diskutiert, wobei sich der "zentrale Tresen" als möglicher Favorit herauskristallisierte.

Die derzeitige Situation in der Notfallversorgung in Deutschland stellt sich in der Regel folgendermaßen dar: Erwachen Patienten an einem Sonntagmorgen und fühlen sich sehr krank, haben sie meist den unbändigen Wunsch als Notfall einen Arzt zu sehen. Schon lange haben sie vielleicht kleinere Erkrankungen vor sich hergeschoben, schließlich lassen Arbeit und familiäre Pflichten nicht zu, dass zuerst ein Termin beim Haus- oder Facharzt wahrgenommen wird.

Patienten gehen zudem kürzeste Wege, z. B. ins nächstgelegene Krankenhaus zur Notfallambulanz. Längst sind solche Fehlbelastungen mit Patienten, die eigentlich keine Notfälle sind, Alltag an den Notfallkliniken. Diese Fälle bremsen die Arbeit des Notfallteams, da jeder Patient erst gesehen und auf einen möglichen Notfall hin untersucht werden muss. Echte Notfälle geraten dann unter Umständen ins Hintertreffen.

Bereitschaftsdienste und 1-Tresen-Lösung

Eine solche Situation kann selbstverständlich nicht derart weiterbestehen. Um das System für Patienten zu vereinfachen und zeitgleich eine bessere Lenkung von Nicht-Notfällen zu etablieren, ist folgender Ansatz denkbar:

Dieser Lösungsvorschlag bietet zudem eine Perspektive für die derzeit schlecht versorgten ländlichen Gebiete in Deutschland. Auf dem Lande gibt es in der Regel keine Bereitschaftsdienste, dort ist aber auch die Fallzahl an Notfällen aufgrund der geringeren Bevölkerungsdichte statistisch betrachtet geringer. Ein Notfallzentrum in einem regionalen Krankenhaus mit beigeordneter Bereitschaftspraxis oder einem gemeinsamen Empfangstresen würde den Menschen zumindest ein "zentrales" Notfallzentrum anbieten. Häufig wissen Patienten überhaupt nicht, wo sie sich im vermeintlichen Notfall hinwenden sollen und fahren bereits intuitiv von selbst in das nächste Klinikum.

Zieh erst einmal eine Nummer!

Ein weiteres Problem, welches es mittelfristig in der Notfallversorgung innerhalb Deutschlands zu lösen gilt, ist der Umstand, dass es neben der 112 als Rettungsrufnummer, noch weitere Nummern gibt, die Patienten in Notfallsituationen anrufen können, wie z. B. die 116117. Doch welche Nummer soll wann gewählt werden?

Hinzu kommt, dass die 116117 nicht selten für längere Zeit besetzt sind. Da können sich gern einmal ein paar Minuten Wartezeit aufsummieren. Im wirklichen Notfall fehlen diese wertvollen Minuten dann möglicherweise zum Überleben. Sollten 116117 und 112 deshalb aber zusammengelegt und in eine gemeinsame Notrufzentrale umgeleitet werden?

Befürworter sind der Meinung, dass die Zusammenlegung dafür sorgt, dass alle Fälle, ob Notfall oder nicht, an einer Stelle einlaufen und dort auf die jeweiligen Ebenen weitergeleitet werden können. Kritiker sehen jedoch genau darin ein Problem. Was passiert nämlich, wenn ein dringender Notruf aufgrund eines Nicht-Notfalles in der Leitung warten muss?

In welche Richtung die Entscheidung in dieser Angelegenheit auch gehen wird, Patienten werden als Laien naturgemäß Fehler bei der Notfalleinschätzung machen. Sie haben weder das Wissen noch die Erfahrung, Notfälle zweifelsfrei zu erkennen. Wichtig ist dann nur, dass sie sich die Nummer eines Notrufes merken, denn die Weiterleitung echter Notfallsituationen an den Rettungsdienst ist unter der 116117 in der Regel ebenso schnell und effektiv wie unter der 112.

Quelle:
"Zukunft der sektorenübergreifenden Notfallversorgung – Wunsch und Wirklichkeit", Hauptstadtkongress 2018, Berlin am 7. Juni 2018.