Terminservicestellen mit Verwirrung und ersten Erfolgen gestartet

Terminservicestellen: Seit Montag hilft ein Callcenter Kassenpatienten bei der Suche nach einem Facharzttermin. Die Nachfrage ist da. Aber schon am ersten Tag zeigt sich: Der Teufel steckt im Detai

Terminservicestellen: Seit Montag hilft ein Callcenter Kassenpatienten bei der Suche nach einem Facharzttermin. Die Nachfrage ist da. Aber schon am ersten Tag zeigt sich: Der Teufel steckt im Detail.

35 Kilometer bis zum Augenarzt? Das ist der älteren Dame viel zu weit. Dann würde sie lieber zum Hautarzt, sagt die Frau aus der Wetterau. Nicht alle Patienten, die am ersten Tag bei der Facharztvermittlung anrufen, haben das System verstanden. Die Mitarbeiter der Terminservicestelle müssen am Montag viel erklären. “Sie brauchen eine besondere Überweisung mit einem Code”, sagen sie geduldig stets aufs Neue und “Sie können sich den Arzt leider nicht aussuchen.”

Schneller zum Facharzt via Callcenter: Wer eine dringende Überweisung seines Hausarztes hat, kann eine zentrale Telefonnummer wählen. In Hessen ist das die 069 400 50000. Zehn Mitarbeiter helfen dort bei der Suche nach einem Facharzttermin. Sie müssen den Patienten innerhalb einer Woche einen Termin anbieten, der maximal vier Wochen nach dem Anruf liegt. Klappt das nicht, bekommt man ersatzweise einen Termin im Krankenhaus.

Terminservicestellen haben auch Nachteile

Klingt gut, denken sich viele Patienten, die davon gehört haben – endlich kommen nicht nur Privatversicherte schnell dran. Aber die Sache hat ein paar Haken: Man braucht (außer für Augen- und Frauenarzt) eine “dringliche” Überweisung. Die Praxis darf je nach Fachrichtung bis zu eine Stunde weit weg sein. Geht es um einen Bagatellfall oder eine Routineuntersuchung, ist die Terminservicestelle ohnehin nicht zuständig.

Das Bundesgesundheitsministerium hatte die Kassenärzte verpflichtet, diesen Service anzubieten – sie tun das aber nur unter Protest. Terminprobleme gebe es nur in wenigen Fachgebieten, schimpfte beispielsweise der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen, Frank Dastych. In dringenden Fällen rufe ohnehin der Hausarzt beim Fachkollegen an. Das Ganze sei “Unsinn” und teuer noch dazu.

Viele Anrufer ohne dringliche Überweisung

Doch Gesetz ist Gesetz und so nahmen am Montag laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) 17 Callcenter den Betrieb auf. In Hessen wurden um 9.00 Uhr im zehnten Stock des KV-Gebäudes die Leitungen freigeschaltet. Sie sind täglich bis 16 Uhr geöffnet (freitags nur bis 14 Uhr). Landesweit gingen am ersten Tag 218 Anrufe ein, 29 Patienten wurde ein Termin vermittelt. Unter den Anrufen waren auch viele Patienten ohne dringliche Überweisung.

Zum Beispiel eine Frau aus der Nähe von Hanau, die zum Orthopäden will. Vermittlerin Nicole Franken notiert Name, Wohnort, Telefonnummer und Überweisungscode und verspricht einen Rückruf. Dann sucht sie in der Liste freier Termine nach dem nächstgelegenen Spezialisten, ruft die Frau zurück und meldet sie bei der Praxis an. Der Arzt ist 20 Kilometer weg und der Termin an diesem Freitag.

Bis zu 30 Prozent der Überweisungen könnten dringlich sein

Die KV hatte im Vorfeld alle Fachärzte angeschrieben und sie gebeten, Termine für die Kunden des Telefonservices freizuhalten. Sie geht davon aus, dass rund 30 Prozent aller Überweisungen als dringend eingestuft werden könnten. Dann müsste die Frankfurter Servicestelle an die 25 000 Termine pro Monat vermitteln.

Auch am Montag melden Praxen freie Termine. Die Mitarbeiter pflegen diese in eine Datenbank ein. 20 000 freie Facharzttermine stehen aktuell in Hessen zur Verfügung. Nicht alle Fachrichtungen sind gleich gut vertreten – als ein Patient einen Radiologen sucht, spuckt das System erstmal nichts aus. Die Mitarbeiterin telefoniert Praxen durch und kann dem Mann dann doch einen Termin anbieten.

Auch wenn sich vieles noch einspielen muss: Die Nachfrage ist da. Schon am Freitag hätten rund 100 Menschen angerufen, berichtet Teamleiter Roland Herzog. Dabei ging da gerade erst die Post mit den Überweisungscodes in den Hausarztpraxen ein.

Text und Foto: dpa /fw