Varianten des Fibroblastenwachstumsfaktors (FGF)-21 steigern Zuckerkonsum beim Menschen

Schon länger war bekannt, dass das aus der Leber stammende Hormon FGF21 bei Nagern und nicht-menschlichen Primaten verschiedene Stoffwechseleffekte auslöst.

Vermehrte Lust auf Süsses, Alkohol und Nikotin scheint genetisch bedingt

S. Söberg und Mitarbeiter der Arbeitgruppe von M. P. Gillum und N. Grarup in Kopenhagen genotypisierten bei einer dänischen Bevölkerungskohorte Varianten des FGF21-Lokus und fanden eine statistisch signifikante Assoziation zwischen der FGF21-Variante rs838133 und erhöhtem Zuckerkonsum sowie einen Trend zu erhöhter Alkoholzufuhr und Zigarettenrauchen1. Zuvor war an Nagern und Primaten mit FGF21 bereits eine Reduktion des Süssigkeitenverbrauchs gezeigt worden, der bei FGF21-Knockout-Mäusen hingegen anstieg.

Schon länger war bekannt, dass das aus der Leber stammende Hormon FGF21 bei Nagern und nicht-menschlichen Primaten verschiedene Stoffwechseleffekte auslöst. Umgekehrt fand die Arbeitsgruppe von A.F.H. Pfeiffer am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Nuthetal bei Typ-2-Diabetespatienten ein Absinken von FGF21 im Blut unter proteinreicher Kost und stufte den FGF21-Spiegel als Marker einer Stoffwechselverbesserung ein2.

Im Dezember 2012 wurde im DGE-Blog berichtet3, dass Ian Foltz et al.4 mit Antikörpern gegen den Rezeptor von FGF21 das Gewicht und den Blutzuckerspiegel bei übergewichtigen Java-Affen reduzieren konnten. Ein Antikörper (mimAb1) wurde gewählt, da er im Blut nicht so schnell wie FGF21 zerfällt und durch Bindung an den FGF21-Rezeptor die gleichen Effekte wie FGF21 auslöst.

Die Firma AMGEN hoffte, damit einen Ansatz zur Behandlung von Übergewicht und Diabetes gefunden zu haben. Die jetzt beim Menschen erzielten genetischen Befunde lassen annehmen, dass die menschliche Leber Hormone produziert, welche die Nahrungsaufnahme über das Belohnungssystem im Gehirn regulieren. Die Autoren gehen davon aus, dass damit eine neue Richtung in der Suche nach Therapeutika zur Reduktion des Appetits und Modifikation spezieller Nahrungsaufnahmen eingeschlagen wird.

Die Laienpresse hat sofort über diese hochwissenschaftlichen Ergebnisse berichtet, die in der Zeitschrift Cell Metabolism1 publiziert und offenbar von der Kopenhagener Pressestelle breit kommuniziert wurden. Man konnte Schlagzeilen lesen wie: "Hormon bietet Ausrede für Naschkatzen" oder "Leberhormon FGF21: Lust auf Süsses scheint genetisch bedingt".

Literatur:
(1) Susanna Söberg et al.: FGF21 is a sugar-induced hormone associated with sweet intake and preference in humans.
Cell Metabolism 2017. 25:1045-1053
(2) Mariya Markova, Olga Pivovarova et al.: Isocaloric diets high in animal or plant protein reduce liver fat and inflammation in individuals with type 2 diabetes.
Gastroenterology 2017. 152:571-585
(3) Helmut Schatz: Antikörper gegen den Rezeptor des Fibroblastenwachstumsfaktors-21 verringert Übergewicht und Blutzuckerspiegel.
DGE-Blogbeitrag vom 4. Dezember 2012
(4) Ian Foltz et al.: Science Translational Medicine, Nov. 29, 201. DOI:10.1126/scitranslmed.3004690