Was bringen Protein-Zusätze im Essen?

Bei Protein-Riegeln und Eiweiß-Shakes denken die meisten wohl an Bodybuilder und das Fitnessstudio. Doch die Zeiten ändern sich. Inzwischen finden sich auch im Supermarkt immer mehr Produkte mit Extra-Protein - etwa im Müsli oder im Joghurt. Was bringt das?

Nahrungsmittel mit Protein-Zusatz drängen in die Lebensmittelgeschäfte

Bei Protein-Riegeln und Eiweiß-Shakes denken die meisten wohl an Bodybuilder und das Fitnessstudio. Doch die Zeiten ändern sich. Inzwischen finden sich auch im Supermarkt immer mehr Produkte mit Extra-Protein - etwa im Müsli oder im Joghurt. Was bringt das?

Im Kühlregal steht ein Milchgetränk mit extra-viel Protein, nicht weit weg vom Protein-Quark. In der Müsli-Abteilung locken Haferflocken mit Protein-Zusatz und bei den Backwaren liegt Eiweißbrot. Was lange nur im Fitnessstudio zu haben war, hält derzeit Einzug in die Supermärkte: Protein-Produkte. Aber woher kommt der Trend? Und ist das Extra-Eiweiß überhaupt sinnvoll?

"Alle wollen jetzt fit und gesund sein. Eiweiß hat den guten Ruf, dass es sehr gut sättigt", erklärt Ernährungswissenschaftlerin Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). "Es ist ein wichtiger Baustoff für Zellen und Gewebe." Die Entwicklung habe auch mit Ernährungstrends wie Low Carb oder Paleo nach Steinzeit-Vorbild zu tun. Auch vegetarische und vegane Ernährung spiele dabei eine Rolle.

Das Molkereiunternehmen Arla bietet nach eigenen Angaben inzwischen 15 Produkte mit hohem Proteingehalt an. Darunter ist der Skyr - eine Art dickflüssiger Joghurt mit viel Protein und wenig Fett. Beim Discounter gibt es ihn unter anderem Herstellernamen. "Als wir Arla Skyr im Juni 2015 auf den deutschen Markt gebracht haben, war Skyr bereits in Dänemark, Schweden, Finnland, Norwegen, den USA und Großbritannien ein starker, neuer Trend", erklärt Arla. Es folgte eine eigene Protein-Reihe für Quark und Milchgetränke.

Auch bei anderen Produkten greift die Entwicklung um sich. Einzelne Müsli-Riegel des Anbieters Nature Valley gibt es nun als Protein-Variante. Gleiches gilt für Müslis - etwa von Dr. Oetker oder Mymuesli. Die Protein-Produkte im Supermarkt richten sich nach Einschätzung von DGE-Expertin Gahl aber nicht an Bodybuilder.

"Eine höhere Protein-Zufuhr geht mit einer höheren Sättigung einher", erklärt die Ökotrophologin. Proteine seien zwar gut für den Muskelaufbau - das spiele für den Otto-Normal-Verbraucher aber eine untergeordnete Rolle. "Für Lieschen Müller steht eher im Vordergrund: Wenn ich mehr Proteine esse, habe ich weniger Hunger und nehme ab."

Das hat auch Mymuesli erkannt. "Durch Trends wie Low Carb und Paleo wird meist auch kohlenhydratbewusster gegessen", erklärt eine Sprecherin des Passauer Unternehmens. Das passe aber nicht zu Haferflocken. "Denn typischerweise bringt eine Getreideflocke von Natur aus viele Kohlenhydrate mit. Man könnte sogar meinen, Müsli und Proteine schließen sich aus. Mit den richtigen Zutaten passt es aber sehr gut zusammen."

Der Hersteller hat nach Müslis mit Protein-Zusatz jüngst zwei Sorten Porridge mit Extra-Eiweiß auf den Markt gebracht. "Der Zeitfaktor spielt heute eine wichtige Rolle. Die Performance von Lebensmitteln wird immer wichtiger", erklärt die Sprecherin. "Denn wer sich gut ernährt, kann auch mehr leisten." Das könne man zwar auf natürliche Weise tun. Wer wenig Zeit habe oder es einfacher wolle, greife aber auf vorgefertigte Lebensmittel zurück.

Nötig ist das aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nicht. "Protein ist wirklich in sehr vielen Lebensmitteln enthalten", erklärt Expertin Gahl. "Sie brauchen gar nicht so viel, um diesen Bedarf zu decken." Drei bis vier Scheiben Vollkornbrot, ein Viertel-Liter Milch, ein kleiner Becher Joghurt, eine Portion Kartoffeln und ein Stück Fisch - damit komme man auf 60 Gramm Protein. Das sei etwas mehr als ein erwachsener Mann im Schnitt überhaupt brauche. Bei einer 60-Kilo-Frau seien es nur 48 Gramm.

Sind Extra-Proteine dann überhaupt nötig? "Es ist nicht notwendig", sagt Gahl. "Es schadet aber sicherlich auch nicht." Sie vermute Marketinggründe hinter den Produkten. Selbst für einen Breitensportler, der vier- bis fünfmal pro Woche eine halbe Stunde Sport treibe, reiche die empfohlene Durchschnittsmenge Eiweiß.

Und tatsächlich kann es auch ein Zuviel des Guten geben: "Es gibt Studien, dass eine dauerhaft erhöhte Proteinzufuhr die Nieren schädigen kann", erklärt Gahl. "Protein besteht aus verschiedenen Aminosäuren und das Abbauprodukt im Körper ist Harnsäure." Dieses Plus an Harnstoff müsse die Niere bewältigen. Insofern könne dauerhaft zu viel Protein unter Umständen der Niere schaden.

Eine Studie unter Führung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) zeigte vor einigen Jahren zudem, dass zu viel Eiweiß Übergewichtige schlechter auf Insulin reagieren lässt - und sich dadurch auch auf das Diabetes-Risiko auswirkt.

Und Produkte, die schon von Haus aus nicht gesund sind, werden es mithilfe von Protein wohl auch nicht. "Ganz absurd ist das bei Schokoriegeln", betont Gahl. Mittlerweile gibt es die Riegel als Protein-Variante zu kaufen. Gahl: "Man sollte seinen Protein-Bedarf nicht über Schokolade decken."