Betablocker bei Herzpatienten mit COPD: trotz Leitlinien-Empfehlung eher ungern verordnet?

Die aktuelle Evidenz spricht für den Einsatz von Betablockern bei COPD-Patienten mit Herzproblemen, der Verordnungsalltag aber offenbar nur zur Hälfte …

Die aktuelle Evidenz spricht für den Einsatz von Betablockern bei COPD-Patienten mit Herzproblemen, der Verordnungsalltag aber offenbar nur zur Hälfte …

Lunge und Herz sind nicht selten gleichzeitig krank. Wir haben uns vor kurzem hier im Blog damit beschäftigt und jetzt gibt es noch einen schnellen und aktuellen Nachschlag zum Thema Betablocker bei COPD-Patienten mit kardialer Komorbidität.

Aktuelle Evidenz spricht für Betablocker bei COPD-Patienten mit Kardiomorbidität

Anders als beim Asthma sind – bevorzugt kardioselektive – Betablocker bei COPD durchaus indiziert (wer nochmal ganz schnell nachlesen will, warum und wie, möge bitte hier klicken). Allein, die Kollegen sind da offenbar trotzdem skeptisch, zweifelnd oder zumindest zurückhaltend. Jedenfalls die in Neuseeland, wenn es um COPD-Kranke mit akutem Koronarsyndrom geht. Das haben gerade Pharmakoepidemiologen der University of Otago in Dunedin berichtet.1 Wir haben kurz gegoogelt: Dunedin ist die Hauptstadt der Region Otago und die Universität die älteste von Neuseeland.

In Leitlinien wird der Gebrauch von Betablockern und anderen Medikamenten zur kardiovaskulären (Tertiär-) Prävention bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) aufgrund der gegenwärtigen Evidenzlage empfohlen. In verschiedenen Ländern haben Studien allerdings eine diesbezügliche Unterversorgung von COPD-Patienten mit kardialer Komorbidität aufgezeigt, wobei es sich in den meisten Fällen nur um Subgruppen-Analysen handelt. Randomisiert-kontrollierte Studien zu Betablockern speziell bei COPD-kranken Koronarpatienten gibt es bislang nicht.

Neuseeländische Kohortenstudie zur Verordnungssituation

Die Autoren des in Respirology erschienen Papers untersuchten die Verordnungssituation in Neuseeland im Rahmen einer nationalen Kohortenstudie. Für die Zusammenstellung der Studienkohorte mit 83.435 Patienten im Alter über 45 Jahre  und 290.400 Personenjahren im Follow-up bedienten sie sich aus nationalen Gesundheits- und Verordnungsdatenbanken.  Von besonderem Interesse waren 2.637 Patienten, die eine COPD-Therapie begannen und später ein ACS oder eine Herzinsuffizienz erlitten und dieses Ereignis um mindestens 6 Monate überlebten.

Die Ergebnisse:

"Besondere Abneigung gegenüber der Betablocker-Verschreibung"

Den Autoren zufolge lassen diese Ergebnisse auf eine besondere Abneigung vieler Ärzte gegenüber der Verschreibung von Betablockern bei Herzpatienten mit COPD und damit auf eine "suboptimale Versorgung" schließen. Übrigens erhielten in der neuseeländischen Untersuchung knapp 80% aller ACS-Patienten nach stationärer Entlassung einen Betablocker – ebenfalls ein noch steigerungsfähiger Wert.

Um ein spezifisch neuseeländisches Problem handelt es sich vermutlich nicht. Eine von uns Ende 2016 referierte Studie zum realen Praxisalltag in Großbritannien zeigte: Auch dort bekommen Herzinsuffizienz-Patienten nur halb so oft einen Betablocker verordnet, wenn sie gleichzeitig an COPD leiden. Daten aus Deutschland sind uns immer noch nicht bekannt. Auf unsere Frage COPD-Patient mit Herzinsuffizienz: Verordnen Sie Betablocker? hat auch noch keiner geantwortet …

Referenzen:
1. Parkin L et al. Underuse of beta‐blockers by patients with COPD and co‐morbid acute coronary syndrome: A nationwide follow‐up study in New Zealand. Respirology 2019. doi:10.1111/resp.13662 [Epub ahead of print]