CAP-Prävention senkt Exazerbationsrate und Mortalität!
Welche Risiken bringt eine CAP für COPD-Patienten im Folgejahr mit sich? Und welche Rolle spielt die Dauer der Antibiose? Antworten vom diesjährigen DGP-Kongress.
Welche Risiken bringt eine CAP für COPD-Patienten im Folgejahr mit sich? Und welche Rolle spielt die Dauer der Antibiose? Antworten vom diesjährigen DGP-Kongress.
Wir haben noch ein bisschen Stoff vom DGP-Kongress in Dresden, der jetzt schon wieder einen Monat zurückliegt. Für den Praktiker, der wenig Zeit und dennoch Interesse an der aktuellen Literatur hat, ist das "Clinical Review"-Format von besonderem Interesse. Dabei stellen die Referenten die aus ihrer Sicht wichtigsten Studien des vergangenen Jahres zu einem bestimmten Thema vor. So eine Art "Best of Journal Club" also.
Apropos: In diesem Blog decken wir ja ein gewisses Literatur-Screening mit ab, für andere Fachgebiete gibt es dafür auf esanum jeweils einen eigenen Journal Club, z.B. für Diabetes und Kardiologie.
"Clinical Review 2017": wichtige Studien zur AECOPD
Zurück zum DGP-Kongress. Wir besuchten das "Clinical Review 2017"-Symposium zu pulmonalen Infektionen1 unter dem Vorsitz von Prof. Stefan Krüger (Düsseldorf) und Prof. Rainer Willy Hauck (Altötting). Letzterer hat sich ja als langjähriger Leiter des Bad Reichenhaller Kolloquiums um den fachlichen Austausch verdient gemacht. Er verdient auch als Referent hinsichtlich seiner Foliengestaltung ein Lob aus Praktikermund. Denn die praxisrelevanten Botschaften werden von ihm tatsächlich zum Mitnehmen (take home) präsentiert und wir geben das hier mal weiter.
Vortragsthema von Hauck war die akut exazerbierte COPD. Etwa 20 % der wegen ambulant erworbener Pneumonie (CAP) hospitalisierten Patienten entwickeln eine Herzinsuffizienz, ein Vorhofflimmern oder ein akutes Koronarsyndronm in der Akutphase der Erkrankung. Das ist bekannt. Aber was passiert à la longue?
CAP und die Folgen für COPD-Patienten
Dazu präsentierte Hauck die folgende Studie:
- Bornheimer et al (USA): Risk of exacerbation following pneumonia in adults with heart failure or chronic obstructive pulmonary disease.2
Fragen:
- Begünstigt eine ambulant erworbene Pneumonie (CAP) das Auftreten weiterer Exazerbationen bei Patienten mit Herzinsuffizienz (HF) oder COPD?
- Welchen Einfluss haben Alter und Komorbiditäten?
Methodik:
- retrospektive, gematchte Kohortenanalyse über einen Zeitraum von 5,5 Jahren;
- 38.000 Herzinsuffizienz- und 48.000 COPD-Patienten ab 40 Jahren (im Jahr zuvor Pneumonie-frei) mit oder ohne CAP in einjähriger Nachbeobachtung;
- Feststellung von Exazerbationen ab 4 Wochen nach CAP-Diagnose im Vergleich zu Nicht-CAP-Patienten.
Ergebnisse:
In der Altersgruppe über 65 Jahre entwickelten innerhalb von 1–12 Monaten nach einer CAP 80% der Herzinsuffizienz- und 73% der COPD-Patienten eine Exazerbation. Unter den Patienten mit Komorbiditäten waren es 41 % (Herzinsuffizienz) bzw. 58 % (COPD). Über die gesamte Studienpopulation hinweg erhöhte eine CAP die Exazerbationsrate bei HF-Patienten um 47 % (absolut: 17,8 % mit vs. 12,1 % ohne CAP) und bei COPD-Patienten um 42% (16,2 vs. 11,4 %). CAP und Komorbiditäten verringerten in der Nachbeobachtung über 90 Monate die Überlebenschancen der Patienten deutlich.
Take Home:
- Eine CAP erhöht das Kurz- und Langzeitrisiko für eine Exazerbation bei zugrundeliegender COPD oder Herzinsuffizienz.
- Hospitalisationspflichtige CAP, Alter und Komorbiditäten sind signifikant negative Prognose- und Survival-Prädiktoren.
- Über die Kausalität für das erhöhte Risiko kann derzeit nur spekuliert werden. In Frage kommen etwa das chronische Entzündungsgeschehen und die Plättchen-Aktivierung.
- Die Pneumonie-Prävention ist nützlich und zu bedenken, auch bezüglich der Langzeit-Prognose!
Von hoher praktischer Relevanz ist auch die Frage, ob eine Langzeit-Antibiose bei akuter COPD-Exazerbation (AECOPD) zu besseren Ergebnissen führt als eine Kurzzeit-Antibiose.
Studie:
- Stolbrink M et al (UK): Does antibiotic treatment duration affect the outcomes of exacerbations of asthma and COPD? A systematic review.3
Frage:
- Hat die Dauer der antibiotischen Behandlung Einfluss auf Asthma-/COPD-Exazerbationen?
Methodik:
- Metaanalyse: 10 randomisierte, plazebokontrollierte Studien mit < 6 und > 6 Tagen Behandlungsdauer (nur COPD, keine passenden Studie zu Asthma gefunden);
- 3.979 COPD-Patienten mit AECOPD, keine Pneumonie;
- Einschlusskriterien: klinische Diagnose bzw. purulentes Sputum;
- antibiotische Therapie über 3–10 Tage;
- Erfassung von Lungenfunktion, Entzündungsmarkern, Mikrobiologie;
- primäre Endpunkte: Verbesserung der klinischen Symptomatik, Rückbildung des purulenten Sputums.
Take Home:
- Kurzzeitige Antibiosen bei AECOPD erwiesen sich als gleich effektiv wie länger dauernde Antibiosen hinsichtlich Klinik und Keim-Eradikation.
- Unter Kurzzeit-Antibiosen traten weniger Nebenwirkungen auf.
- Limitation: keine prospektiven Studien.
Wann sollten Antibiotika bei AECOPD überhaupt gegeben werden? Hierzu zitierte Hauck den GOLD Report 2017 unter Federführung von Prof. Claus Vogelmeier (Marburg). Zusammengefasst lautet die Antwort:
- bei Patienten, die drei Kardinalsymptome aufweisen: Zunahme von Dyspnoe, Sputumvolumen und Sputumpurulenz;
- bei verstärkter Sputumpurulenz reichen zwei Kardinalsymptome;
- empfohlene Dauer der Antibiose: 5–7 Tage.
Referenzen:
1. Pulmonale Infektionen – Clinical Year 2017 in Review. Klinisches Symposium beim 59. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Dresden, 15. März 2018
2. Bornheimer et al. Risk of exacerbation following pneumonia in adults with heart failure or chronic obstructive pulmonary disease. PLoS One 2017;12(10):e0184877. doi: 10.1371/journal.pone.0184877
3. Stolbrink M et al. Does antibiotic treatment duration affect the outcomes of exacerbations of asthma and COPD? A systematic review. Chron Respir Dis 2017:1479972317745734. doi: 10.1177/1479972317745734