Guter Vorsatz fürs neue Jahr: Wie wäre es mit Verhaltenstraining?

Die medikamentöse Therapie kann die körperliche Leistungsfähigkeit von COPD-Patienten verbessern, nicht aber ihr Verhalten im Alltag.

Die medikamentöse Therapie kann die körperliche Leistungsfähigkeit von COPD-Patienten verbessern, nicht aber ihr Verhalten im Alltag.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir wünschen Ihnen ein gesundes und glückliches neues Jahr und hoffen, Sie sind gut hineingerutscht!

Der Jahresbeginn ist traditionell die Zeit der guten Vorsätze, die allerdings oft der gewohnten Realität zum Opfer fallen, statt diese zu verändern. Dabei ist letztlich alles eine Frage der Einstellung, deren Umprogrammierung eben selten durch einen schlichten Vorsatz-Gedanken zu bewerkstelligen ist. Durch ein gezieltes Verhaltenstraining aber schon.

Multizentrische Reha-Studie im RCT-Design

Dazu passt eine aktuelle prospektive Studie1 im RCT-Design mit partieller Doppelverblindung. Dabei ging es um den Nutzen der dualen Bronchodilatation mit Tiotropium/Olodaterol für COPD-Patienten im Rahmen eines Selbstmanagement-Programms zur Verhaltensmodifikation. Die von Boehringer Ingelheim gesponserte Studie erfolgte in internationaler Kooperation unter Federführung des belgischen Pneumo-Reha-Experten Thierry Troosters (Leuven).

Mit dieser Thematik haben sich auch andere Hersteller bereits in Studien auseinandergesetzt. Darüber berichteten wir vor einem Jahr an dieser Stelle: Die duale Bronchodilatation kann, auch über positive kardiale Effekte, dabei helfen, die Belastungsfähigkeit und Bewegung von COPD-Patienten zu verbessern. Nicht beantwortet ist damit allerdings die Frage, ob die medikamentöse Therapie auch die tägliche körperliche Aktivität der Patienten positiv beeinflusst. Auf die kommt es schließlich an, um nachhaltige Verbesserungen zu erzielen.

Therapeutisches Dilemma: verpuffende Effekte

Die aktuelle Studie zeigt das therapeutische Dilemma: Auch wenn Patienten in der Reha leistungsfähiger geworden sind, heißt das nicht, dass sie sich anschließend im Alltagsleben automatisch mehr bewegen. Ohne Änderung der persönlichen Einstellung verpuffen die Effekte.

In die multizentrische Studie wurden 304 COPD-Patienten aufgenommen, von denen am Ende 267 in die Auswertung einbezogen werden konnten. Die Patienten nahmen über 12 Wochen an einem Selbstmanagement-Programm als Basistherapie teil und wurden in vier gleich große Gruppen randomisiert. Sie erhielten täglich 1) Placebo, 2) Tiotropium (5 µg), 3) Tiotropium/Olodaterol (5/5 µg) und 4) Tiotropium/Olodaterol (5/5 µg) plus 8-wöchiges körperliches Training. Primärer Studienendpunkt war die Ausdauerzeit (Exercise Endurance Time) nach 8 Wochen. Als weitere Endpunkte dienten die per Schrittzähler gemessene körperliche Aktivität und die aktivitätsabhängige Dyspnoe bzw. COPD-Problematik, die per Fragebogen ermittelt wurde.

Das Ergebnis: In allen vier Gruppen hatte sich die Ausdauerleistung nach 8 Wochen verbessert. Die Steigerung fiel bei Anwendung der LAMA/LABA-Kombination im Vergleich zu Placebo signifikant höher aus. Am größten war der Erfolg in der Gruppe mit zusätzlichem körperlichem Training. Am Ende der 12-wöchigen Studienphase waren diese Effekte etwas abgeschwächt noch so gegeben.

Alltagsaktivität nur durch Verhaltensmodifikation gesteigert

Die duale Bronchodilatation reduzierte auch die Belastungsdyspnoe und in Verbindung mit körperlichem Training weitere mit Aktivität assoziierte Beschwerden. Das hatte allerdings keinen messbaren Einfluss auf das Ausmaß der körperlichen Alltagsaktivität. Denn in allen Gruppen resultierte das Verhaltenstraining in einer Steigerung der Schrittzahl um 20% (1.098 Schritte pro Tag) und der Gehdauer um 16% (11 Minuten).

Den therapeutischen Gewinn an körperlicher Leistungsfähigkeit auch in mehr körperliche Alltagsaktivität zu überführen, liegt in der Hand des Patienten. Oder besser in dessen Bewusstsein, Erkenntnis und Willen. Deshalb greifen rein somatisch orientierte Therapiesansätze häufig zu kurz. Das Denken und Fühlen der Patienten zu berücksichtigen, ist mindestens ebenso wichtig.

Psychische Befindlichkeit immer miterfassen!

Der deutsche Pneumo-Reha-Experte Prof. Klaus Kenn kommentierte die Studie mit dem Hinweis auf den Begriff der "Fear Avoidance". Der Körper wäre fähig, aber die Psyche macht nicht mit. Der Patient bleibt im Alltag hinter dem Machbaren zurück. "Daher halte ich die Interpretation von körperlicher Aktivität ohne Kenntnis der psychischen Befindlichkeit der Betroffenen nicht für sinnvoll. Zukünftige Studien sollten diese Zusammenhänge unbedingt erfassen", schreibt Kenn. Und er appelliert an uns bzw. an alle beteiligten Disziplinen, "den Patienten immer wieder die Bedeutung im Alltag gelebter körperlicher Aktivität aufzuzeigen."

Neu ist das ja nun nicht, eher tägliches Brot. Als beständiger Versorgungsvorsatz kann es trotzdem taugen.

Referenzen:
1. Troosters T et al. Effect of Bronchodilation, Exercise Training, and Behavior Modification on Symptoms and Physical Activity in Chronic Obstructive Pulmonary Disease. Am J Respir Crit Care Med. 2018;198(8):1021-32. doi: 10.1164/rccm.201706-1288OC.
2. Kenn K. Was muss aufs Rezept bei COPD? Arzneien, Körper- und Verhaltenstraining! Pneumo News 2018;10(7):22-4.

Abkürzungen:
LABA = langwirksame Betamimetika
LAMA = langwirksame Anticholinergika
RCT = randomized controlled trial