Fertignahrungsmittel erhöhen das Krebsrisiko

Viele Patienten verunsichert es, dass Experten oft uneins sind, wie eine gesunde Ernährung genau aussehen sollte. Doch ein paar Punkte sind unstrittig und einer davon ist: wir essen zu viele "ultra‑processed foods". Dies wirkt sich proportional auf das Krebsrisiko aus, wie starke Studiendaten nun zeigen.

Viele Patienten verunsichert es, dass Experten oft uneins sind, wie eine gesunde Ernährung genau aussehen sollte. Doch ein paar Punkte sind unstrittig und einer davon ist: wir essen zu viele "ultra‑processed foods". Dies wirkt sich proportional auf das Krebsrisiko aus, wie starke Studiendaten nun zeigen.

Die NutriNet-Santé-Studie, eine populationsbasierte prospektive Kohortenstudie in Frankreich, hat zum Ziel, eine riesige Datenbank über den Zusammenhang zwischen Ernährung und Gesundheit aufzubauen. Dafür werden über einen Follow-Up-Zeitraum von 10 Jahren Nahrungsmittel, Nährstoffe, Essverhalten, Exposition gegenüber Gesundheits- und Nahrungsmittelrisiken sowie soziale, ökonomische, kulturelle, genetische und viele weitere Parameter einerseits – sowie Mortalität, Krebsinzidenzen, kardiovaskuläre Erkrankungen, Übergewicht, Diabetes Typ 2, Hypertonus, Dyslipidämie, metabolisches Syndrom, Altern und Lebensqualität andererseits erhoben.1

Was sind "ultra-processed foods"?

Mit dem Begriff "ultra-processed foods" sind stark bearbeitete und fertige Nahrungsmittel gemeint, wie etwa Instant-Nudelsuppen, lang haltbare Fertiggerichte, Süßwaren oder eingeschweißte Kuchen. Diese werden in den Fabriken mit Inhaltsstoffen hergestellt, die in unseren heimischen Küchen eher unbekannt sind und oft lange Listen von Zusatzstoffen, Konservierungsmitteln, Farbstoffen, Aromen, Geschmacksverstärkern, sowie (schlechten) Fetten, Süßungsmitteln und Salz enthalten. Ein Artikel in der Zeitschrift The Guardian schätzt, dass solche "ultra-processed foods" die Hälfte der für den häuslichen Verzehr gekauften Nahrungsmittel in Großbritannien ausmachen.2

Proportionaler Anstieg des Krebsrisikos durch erhöhten Verzehr von Fertignahrungsmitteln

Ein Forschungsteam der Sorbonne in Paris analysierte eine große Stichprobe aus der NutriNet‑Santé-Studie von 105 Tsd. Erwachsenen, deren üblicher Konsum von 3.300 Nahrungsmitteln ebenso registriert wurde wie ihre Krankengeschichte.

In dieser großen Kohorte war der Verzehr von stark bearbeiteten Nahrungsmitteln mit einem höheren Krebsrisiko assoziiert. Der Zusammenhang war fast proportional: ein Anstieg des Anteils solcher Speisen an der Ernährung um 10 % erhöhte das Gesamtkrebsrisiko um 12 % (n = 2228 Fälle; ptrend < 0,001) und das Risiko für Brustkrebs um 11 % (n = 739; p = 0,02).3

Der Zusammenhang zwischen dem zunehmenden Konsum fertiger Nahrungsmittel und Übergewicht ist schon lange anerkannt, aber die Verknüpfung zu Krebs ist in vielen Köpfen noch nicht präsent. Frankreich ist eines der wenigen Länder, das die Bevölkerung im Sinne des Vorbeugeprinzips spezifisch vor einem großen Anteil solcher Lebensmittel im persönlichen Speiseplan warnt.2 Derzeit nimmt der Verzehr von "ultra-processed foods" aber weiter rapide zu, sodass die Forscher in den kommenden Jahrzehnten mit einer steigenden weltweiten Krankheitslast durch Übergewicht, Diabetes und Krebs rechnen.

Was an diesen industriell verarbeiteten Nahrungsmitteln ist es, was uns krank macht?

In einem früheren Beitrag hatten wir bereits dargestellt, wie der inflationäre Einsatz billiger Zuckerersatzstoffe (wie Maissirup oder HFCS) über die Zeit katastrophale Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Leider werden diese Süßstoffe auch herzhaften Nahrungsmitteln (Saucen, Brot, Suppen) zugesetzt, um deren oft defizitären Geschmack zu verbessern.

Ein weiterer Punkt ist, dass vielen eigentlich wertvollen Ausgangsstoffen durch die Verarbeitung ein Großteil der Nährstoffe entzogen wird. So sind raffiniertes Öl, Weißmehl oder Zucker beinahe frei von vielen wichtigen Mineralien – im Gegensatz zu den Rohsubstanzen wie Getreide, Nüssen, Samen und Rohrzuckermelasse, die einen hohen Anteil des täglichen Tagesbedarfes an Mikronährstoffen decken könnten.
Die von den Wissenschaftlern der Sorbonne durchgeführten Analysen deuten jedoch darauf hin, dass das höhere Krebsrisiko nicht nur dem spärlichen Nährstoffgehalt geschuldet ist.

Ausblick

Dies sind demnach nur Teilaspekte, auch wenn die Studiendaten sehr stark und überzeugend ausfielen. Weitere Forschung wäre nötig, um bisherige Funde zu validieren und den relativen Effekt der unterschiedlichen Grade der Verarbeitung besser zu verstehen (Zusammensetzung, Zusatzstoffe, Kontaktmaterialien, neu formierte Kontaminanten). Möglicherweise sind es nicht einzelne Moleküle oder Additive, sondern ein "Cocktail‑Effekt".

Referenzen:
1. General presentation | Information site on the Nutrinet-Sante study. Available at: https://info.etude-nutrinet-sante.fr/en/node/1. (Accessed: 21st August 2018)
2. Boseley S. Ultra-processed foods may be linked to cancer, says study. The Guardian (2018). Available at: https://www.theguardian.com/science/2018/feb/14/ultra-processed-foods-may-be-linked-to-cancer-says-study. (Accessed: 21st August 2018)
3. Fiolet, T. et al. Consumption of ultra-processed foods and cancer risk: results from NutriNet-Santé prospective cohort. BMJ 360, k322 (2018).