Eierstockkrebs: Jede Erkrankte kann Langzeitüberlebende werden

Gute Nachrichten aus der gynäkologischen Onkologie: Mittlerweile werden 30 bis 40 Prozent aller Patientinnen mit Eierstockkrebs zu Langzeitüberlebenden. Wie es zu dieser Entwicklung kam, schildert Dr. Hannah Woopen.

Interview mit Dr. Hannah Woopen

Frau Dr. Woopen, hat die Zahl der Frauen, die nach gynäkologischer Krebserkrankung langfristig überleben, in den letzten Jahren zugenommen?

Woopen: Ja. Wir definieren Langzeitüberleben als ein Überleben von mindestens fünf Jahren nach der gynäkologischen Tumorerkrankung. In Deutschland gibt es aktuell insgesamt fünf Millionen Krebsüberlebende, davon sind 3,5 Millionen Langzeitüberlebende. In allen onkologischen Entitäten steigen die Überlebensraten – so auch beim Ovarialkarzinom. Von den Eierstockkrebs-Patientinnen werden 30 bis 40 Prozent zu Langzeitüberlebenden.

Welche Faktoren tragen Ihrer Erfahrung nach dazu bei, dass Krebspatientinnen langfristig überleben?

Woopen: Prinzipiell kann jede Frau mit einer gynäkologischen Krebserkrankung Langzeitüberlebende werden. Aber es gibt natürlich bestimmte Faktoren, die mit einem besseren Überleben assoziiert sind. Prognostische Faktoren bei Eierstockkrebs für ein längeres Leben nach Krebs sind zum Beispiel: Alter, Tumorstadium, makroskopische Tumorfreiheit und Ansprechen auf die Chemotherapie. Eine jüngere Frau mit niedrigerem Tumorstadium und optimaler Therapie überlebt statistisch länger, jedoch gibt es unter den Langzeitüberlebenden auch viele Patientinnen mit ungünstigeren Prognosefaktoren.

Welchen Einfluss hat die Patientin selbst?

Woopen: Es gibt Daten für Patientinnen mit Eierstockkrebs und Gebärmutterhalskrebs, die zeigen, dass eine gute Lebensqualität assoziiert ist mit einem längeren Überleben. Ein gesunder Lebensstil und regelmäßiger Sport können entscheidend zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen. Sport hilft erwiesenermaßen bei Langzeitnebenwirkungen wie Fatigue und Depression und spielt auch bei der Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen eine wichtige Rolle. Zur Prävention gehört aber auch, regelmäßig empfohlene Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen, z. B. eine Mammografie alle 2 Jahre. Es ist von Vorteil, wenn man ein gutes soziales Netzwerk hat, auch Selbsthilfegruppen können sehr hilfreich sein. 

Inwiefern leiden Langzeitüberlebende später unter den Folgen der Krebsbehandlung? 

Woopen: Fast die Hälfte der Langzeitüberlebenden hat auch nach vielen Jahren noch Symptome, die durch den Krebs bzw. die Krebstherapie entstanden sind. Entsprechend der Daten aus der Expression-IV-Umfrage mit 1.600 Langzeitüberlebenden nach Eierstockkrebs sind die häufigsten Langzeitnebenwirkungen Fatigue, Polyneuropathie und „Post-chemotherapy cognitive impairment“.

Wo sehen Sie Handlungsbedarf, damit nicht nur das Langzeitüberleben, sondern auch die Lebensqualität der Betroffenen verbessert wird?

Woopen: Wir empfehlen eine lebenslange Tumornachsorge mit einer strukturierten Erfassung und Therapie von Langzeitnebenwirkungen. Zudem sollte das Thema Prävention schon von Anfang an eine Rolle spielen. Im klinischen Alltag hat sich gezeigt, dass eine holistische Begleitung der Langzeitüberlebenden in einer spezialisierten Survivorship-Sprechstunde einen großen Mehrwert für die Patientinnen hat.

Dr. Hannah Woopen

Dr. med. Hannah Woopen, Charité – Universitätsmedizin Berlin, widmet ihren Forschungsschwerpunkt dem Thema "Langzeitüberleben bei Patientinnen mit Ovarialkarzinom". In diesem Zug ist sie auch Studienleiterin des Projekts "Carolin meets HANNA".