- Burkhardt T., Bürger O. „Update zu Indikationen und Möglichkeiten der invasiven fetalen Diagnostik“. Die Gynäkologie 2024.
Die Indikation für eine invasive Pränataldiagnostik ergibt sich meist aus spezifischen Risikokonstellationen:
Ein hohes Risiko für Trisomien (über 1:50) rechtfertigt invasive Untersuchungen wie Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie. Bei intermediärem Risiko (1:50–1:1000) können zusätzliche Ultraschallmarker oder ein NIPT helfen, die Indikation zu klären. Wichtig ist, dass hohe Risikowerte nicht nur Trisomien anzeigen, sondern auch auf andere Chromosomenanomalien hinweisen können, die durch NIPT allein nicht erkannt werden.
Ein auffälliger NIPT erfordert invasive Bestätigung, idealerweise durch Amniozentese und nicht durch Chorionzottenbiopsie, um falsche Ergebnisse durch Plazentamosaike zu vermeiden. Bei unklaren NIPT-Ergebnissen, etwa durch eine niedrige fetale Fraktion, sollte die Analyse wiederholt werden. Bleiben die Ergebnisse uneindeutig, wird eine diagnostische Punktion empfohlen. Auffällige NIPT-Befunde mit mehreren Kopienzahlveränderungen können auch auf maternale Tumorerkrankungen hinweisen, die weitere Abklärungen erfordern.
Strukturelle Fehlbildungen und Abweichungen in der Biometrie (zu große oder zu kleine Maße) erhöhen das Risiko genetischer Erkrankungen, insbesondere bei zusätzlicher Fruchtwassermengenabweichung. Auch eine erhöhte Nackentransparenz kann ein relevanter Marker sein. Laut der aktuellen AWMF-Leitlinie (2023) wird ab 3,0 mm eine genetische Diagnostik empfohlen, ab 3,5 mm ist sie dringend angezeigt.
„Softmarker“ wie eine singuläre Nabelschnurarterie, Plexuszysten oder dilatierte Nierenbecken treten häufig nur vorübergehend auf, sollten aber differenziert bewertet werden. Auch hier sollte an eine genetische Ursache gedacht und eine diagnostische Punktion besprochen werden. Gemäß aktueller medizinischer Erkenntnisse wird ein isolierter intrakardialer echogener Fokus nicht mehr als klinisch relevanter Softmarker eingestuft.
Mosaikbefunde aus einer Aneuploidie-Testung können ein Anlass für eine invasive pränatale Diagnostik wie die Amniozentese sein.
Bei bekannter familiärer Belastung oder einem bereits betroffenen Kind kann eine gezielte invasive Diagnostik sinnvoll sein. Auch genetische Anlageträgerschaften der Eltern können Anlass für detaillierte Untersuchungen sein.
Nach Feststellung einer Indikation bietet die moderne Pränataldiagnostik ein breites Spektrum an Verfahren. Diese erfolgen für gewöhnlich stufenweise: Zunächst wird ein Schnelltest durchgeführt, um häufige Aneuploidien auszuschließen. Bei unauffälligen Ergebnissen folgen detailliertere Analysen wie Mikroarrays oder Trio-Sequenzierung. Ergänzende Spezialuntersuchungen werden je nach Fragestellung durchgeführt.
Wichtige diagnostische Methoden sind:
Die rasanten Fortschritte in der Pränataldiagnostik haben die Möglichkeiten zur frühzeitigen und präzisen Diagnostik genetischer Erkrankungen erheblich erweitert. Insbesondere die Kombination invasiver und nicht-invasiver Methoden bietet hier die Grundlage für eine umfassende Beurteilung des fetalen Gesundheitszustandes. Um in diesem Kontext sowohl die Diagnostik als auch die emotionale Unterstützung der Eltern sicherzustellen, ist die enge Zusammenarbeit zwischen Geburtshilfe und Humangenetik gefragt.