Posttraumatische Belastungsstörung nach der Geburt: anders als Depressionen

Etwa 3 bis 6 Prozent aller Gebärenden entwickeln eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Während eine Depression häufig erkannt wird, ist dies bei PTBS nicht der Fall. Worauf Sie bei Ihren Patientinnen achten sollten.

Was ist eine postpartale PTBS?

Posttraumatische Belastungsstörungen nach der Geburt – gibt es das wirklich?

Für viele Menschen ist die Geburt eines Kindes das Natürlichste auf der Welt. Dass es kein angenehmer Vorgang ist, ahnen die meisten. Doch was viele nicht wissen, ist, dass der Geburtsvorgang tatsächlich traumatisch sein kann. Dabei ist es irrelevant, ob eine Entbindung medizinisch einfach oder kompliziert war. Die Traumatisierungsschwelle ist bei jedem Menschen individuell. So gehen Experten davon aus, dass etwa 3 % bis 6 % aller Gebärenden das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung entwickeln.

Ist die PTBS das gleiche wie eine Depression?

Eine postnatale PTBS und eine postnatale Depression sind nicht das gleiche. Während beide nach oder im Rahmen der Geburt auftreten, gibt es doch deutliche Unterschiede. So herrschen bei der Depression Antriebslosigkeit, niedergedrückte Stimmung oder auch das Gefühl der Wertlosigkeit bis hin zur Suizidalität vor – und das für die meisten Stunden des Tages über mindestens zwei Wochen hinweg.

Bei der PTBS jedoch kommt es zu Flashbacks, Wiedererleben, Vermeidungsverhalten und instabilen Bindungen. Die Symptome bestehen mindestens über vier Wochen hinweg. Erst dann kann eine PTBS diagnostiziert werden. Bis zur Diagnose kann aber auch ein wesentlich längerer Zeitraum vergehen. 

Welche Folgen hat eine unbehandelte PTBS?

Ähnlich wie eine unbehandelte Depression kann eine nicht ausreichend therapierte PTBS die Lebensqualität der Patientinnen deutlich einschränken. Auch Suizidalität ist möglich. Darüber hinaus haben Studien nachgewiesen, dass die soziale und emotionale Entwicklung des Kindes negativ beeinflusst werden kann, wenn die Mutter nicht behandelt wird. 

Was tun bei Verdacht auf PTBS?

Wichtig ist es, die Mutter ernst zu nehmen und bei Verdacht auf ein traumatisches Geburtserlebnis auch direkt nachzufragen. Viele Frauen scheuen sich, das Thema von sich aus anzusprechen, aus Angst vor wenig wertschätzenden Reaktionen – aber auch aus Angst davor, als schlechte Mutter angesehen zu werden. Nicht selten besteht auch die Sorge, dass das Jugendamt mit eingeschaltet werden könnte. 

Besteht ein Verdacht auf postnatale PTBS, sollte die Betroffene an einen Spezialisten oder eine Spezialistin überwiesen werden, am besten Fachärzte für Psychiatrie. Die meisten posttraumatischen Belastungsstörungen können mit entsprechender Therapie gut behandelt werden. 

Fazit für die Praxis

Posttraumatische Belastungsstörungen nach der Geburt sind nicht selten und oft auch bei einem objektiv unkomplizierten Geburtsvorgang zu finden. Jede Gebärende kann daran erkranken. Die Diagnose erfolgt erst vier Wochen nach dem belastenden Ereignis, daher ist es besonders im niedergelassenen Bereich wichtig, Patientinnen zu screenen und ernst zu nehmen. Die Behandlung sollte durch Psychiater erfolgen.
 

DGN-Kongress 2023: Neurodegenerative Erkrankungen im Fokus 

Der DGN-Kongress vom 8. bis zum 11. November 2023 im CityCube Berlin hat den Fokus auf neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson gelegt. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie hat mit ihrem Programm 2023 die neurologischen Folgen einer alternden Gesellschaft in den Mittelpunkt gerückt. esanum berichtet vom DGN Kongress zum Beispiel auch über den Einfluss der Neuroinflammation bei MS oder das Leitlinien-Update zur Epilepsie. Hier finden Sie die aktuelle Berichterstattung.

Quelle:

BMJ 2022;377:e067659