Ältere Väter bei assistierter Reproduktion: ein Risiko?

Immer mehr Kinder kommen mithilfe von assistierter Reproduktion (ART) zur Welt. Einige Länder verhängen dafür eine Altersgrenze für Männer. Zu Recht?

Assistierte Reproduktion und Alter der Eltern

Sinkende Qualität und Quantität der Spermien 

Dr. Annabelle Gourinat und ihr Team wollten zum einen wissen, wie sich das männliche Alter auf die Fertilität und damit den Erfolg der ART auswirkt. Zum anderen gingen sie der Frage nach, welchen Einfluss das Alter der Väter auf die Gesundheit der Nachkommen hat.

Beim Spermiogramm zeigte sich in vielen Studien übereinstimmend: Je älter der Mann, desto geringer das Samenvolumen und die Motilität der Spermien. Ab einem Alter von 45 Jahren sank das Volumen des Ejakulats alle 5 Jahre um 0,22 ml. Bereits ab 40 büßten die Samenzellen jährlich 0,5–0,6% ihrer Beweglichkeit ein. 

Auswirkung auf Schwangerschaft bleibt fraglich

Ob sich die veränderten Spermienparameter allerdings auch auf die Schwangerschafts- und Geburtenrate auswirken, bleibt unklar. Manche Studien deuten darauf hin, dass erfolgreiche Schwangerschaften und Geburten mit zunehmendem väterlichen Alter abnehmen, andere finden jedoch keinen Zusammenhang. Außerdem geben die Autoren potentielle Bias zu bedenken, die die Studienergebnisse verzerren könnten.

Ähnlich sieht es beim Risiko für chromosomale Aberrationen aus. Während der Zusammenhang zwischen dem mütterlichen Alter und der Rate an Aneuploidien wie Trisomie 21, 13 und 18 als erwiesen gilt, bleibt das Alter des Vaters als potentieller Risikofaktor fraglich.

Höheres Risiko für genetische und psychiatrische Erkrankungen 

Anders wiederum bei autosomal-dominanten Erkrankungen wie der Achondroplasie und dem Apert-Syndrom. Hier zeigte sich, dass bei Männern ab 50 das Risiko für ein Kind mit Achondroplasie zwölf mal höher ist als bei jungen Männern. Beim Apert-Syndrom war es immerhin 9,5fach erhöht.

Auch bei psychiatrischen Erkrankungen fanden die Wissenschaftler Hinweise darauf, dass das Alter des Vaters eine Rolle spielt. So war das Risiko für ein autistisches Kind bei Männern über 40 Jahren etwa 6fach erhöht gegenüber Männern unter 30. Von da an nahm das Risiko alle 10 Jahre um weitere 21% zu. Bei der Schizophrenie war das Risiko geringer, stieg aber ab einem Alter von 50 Jahren immerhin fast um das Doppelte gegenüber jungen Vätern unter 25.

Väterliches Alter insgesamt nachrangig

Insgesamt legt die Literaturrecherche nahe, dass auch das väterliche Alter einen gewissen Einfluss auf Schwangerschaft und Gesundheit der Nachkommen hat. Die genauen pathophysiologischen Mechanismen sind damit allerdings noch nicht erklärt. Außerdem weisen die Autoren auf die vielfältigen Störfaktoren hin, die eine eindeutige Zuordnung von Risikofaktoren erschweren.

Klar ist: Hauptrisikofaktor bleibt das mütterliche Alter, das für den Erfolg der assistierten Reproduktion und für viele kindliche Störungen ausschlaggebend ist.

Werdende Eltern über Risiken aufklären

Der Trend ist eindeutig: In den letzten 30 Jahren ist das Alter beider Elternteile kontinuierlich angestiegen. Gleichzeitig bietet die assistierte Reproduktion vielen Paaren die Möglichkeit, auch in höherem Alter noch Kinder zu bekommen. Das bleibt nicht ohne Risiken, die vor allem auf das mütterliche, aber zum Teil auch auf das väterliche Alter zurückzuführen sind. Wichtig ist daher, die werdenden Eltern über potentielle Risiken aufzuklären. Ob es bei der ART eine Altersgrenze für Männer geben sollte, bleibt gesellschaftlich und ethisch zu diskutieren.
 

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