Adipositas: kann ein gesundes Darmmikrobiom zur Heilung beitragen?
Gerät das Darmmikrobiom aus dem Gleichgewicht, sind oftmals chronische Erkrankungen oder auch Mikroentzündungen die Folge. Welche Rolle spielt eine Funktionsstörung der Darmflora bei Adipositas per magna?
Spielen Biotin-Mangel und Darmbakterien eine Schlüsselrolle?
- Die Forscher führten metagenomische Analysen bei über 1.500 Probandinnen und Probanden durch.
- Ergänzt wurde die Studie durch Untersuchungen am Tiermodell.
- Ein BMI von über 35 kg/m2 ist mit einem Mangel an Biotin-produzierenden Bakterien in der Darmflora assoziiert.
- Dieser Mangel kann sowohl genetisch bedingt sein, als auch durch eine Antibiotikagabe hervorgerufen werden.
- Eine Substitution von Biotin und Präbiotika kann das Darmmikrobiom unterstützen und führte im Mausmodell zu einer verlangsamten Gewichtszunahme.
Darmmikrobiom: die Ursache vieler Krankheiten?
In den letzten Jahren und Jahrzehnten haben Forscher immer mehr Augenmerk auf die Darmflora gelegt. Dass ein aus dem Gleichgewicht gekommenes Mikrobiom im Zusammenhang mit Mikroentzündungen und manchen chronischen und akuten Erkrankungen steht, haben Studien inzwischen nachgewiesen. Bisher unklar ist jedoch, ob die gestörte Flora der Ursprung der Erkrankungen ist oder zu deren Erhalt und Entstehung beiträgt. So konnte in den letzten Jahren ein Zusammenhang zwischen einer gestörten Bakterienbesiedelung und Depressionen oder auch Diabetes hergestellt werden.
Darmbakterien und Adipositas: gibt es einen Zusammenhang?
Obwohl bekannt ist, dass Adipositas per magna und eine gestörte Darmflora zusammenhängen, war bisher nicht ganz klar, wie. Forscher haben sich diesem Thema nun angenommen und eine groß angelegte Studie durchgeführt – sowohl im klinischen als auch im Tiermodell.
Hierzu wurden genomische Untersuchungen von Menschen mit schwerer Adipositas durchgeführt. Darüber hinaus untersuchten sie die Darmflora von Mäusen nach Antibiotikagabe und nach bariatrischer Chirurgie.
Liegt die Lösung im Biotin?
Alle Untersuchungen hatten eins gemeinsam: einen Mangel an zirkulierendem Biotin oder zu wenig Biotin-produzierende Bakterien in der Darmflora. Dies konnten sowohl die genomischen Untersuchungen als auch die Experimente am Tiermodell nachweisen.
Einzige Ausnahme: nach erfolgter bariatrischer Chirurgie war der Biotinspiegel höher als im Vergleich – bedingt durch einen verbesserten Stoffwechsel und reduzierte Entzündungsaktivität.
Was bringt die Biotinsubstitution?
Die Studienautoren konnten nachweisen, dass Mäuse, die mit einer fettreichen Kost gefüttert wurden unter einer Gabe von Biotin und Präbiotika eine diversere Darmflora entwickelten. Dies führte zu einem vermehrten Wachstum von Biotin-produzierenden Bakterien und zu einer verlangsamten Gewichtszunahme.
Es gibt damit einen deutlichen Zusammenhang zwischen Biotin und Adipositas. Eine Substitution in Verbindung mit Präbiotika könnte dabei helfen, die Darmflora gesund zu erhalten und so einem Mangel an Biotin-produzierenden Bakterien vorbeugen.
Belda E, Voland L, Tremaroli V, Falony G, Adriouch S, Assmann KE, Prifti E, Aron-Wisnewsky J, Debédat J, Le Roy T, Nielsen T, Amouyal C, André S, Andreelli F, Blüher M, Chakaroun R, Chilloux J, Coelho LP, Dao MC, Das P, Fellahi S, Forslund S, Galleron N, Hansen TH, Holmes B, Ji B, Krogh Pedersen H, Le P, Le Chatelier E, Lewinter C, Mannerås-Holm L, Marquet F, Myridakis A, Pelloux V, Pons N, Quinquis B, Rouault C, Roume H, Salem JE, Sokolovska N, Søndertoft NB, Touch S, Vieira-Silva S; MetaCardis Consortium; Galan P, Holst J, Gøtze JP, Køber L, Vestergaard H, Hansen T, Hercberg S, Oppert JM, Nielsen J, Letunic I, Dumas ME, Stumvoll M, Pedersen OB, Bork P, Ehrlich SD, Zucker JD, Bäckhed F, Raes J, Clément K. Impairment of gut microbial biotin metabolism and host biotin status in severe obesity: effect of biotin and prebiotic supplementation on improved metabolism. Gut. 2022 Dec;71(12):2463-2480. doi: 10.1136/gutjnl-2021-325753. Epub 2022 Jan 11. PMID: 35017197; PMCID: PMC9664128.