Zusammenhang zwischen Antiepileptika und Neuauftreten von Morbus Parkinson

Eine große UK Biobank-Studie berichtet über erhöhte Raten von Parkinson-Neuerkrankungen nach Verschreibung von Antikonvulsiva.

Bestimmte Antiepileptika mit erhöhtem Risiko für spätere Parkinson-Erkrankung verbunden?

Eine kürzlich im JAMA Neurology erschienene Fall-Kontroll-Studie wertete Daten von 1.433 Personen mit einer kodierten Diagnose eines M. Parkinson sowie 8.598 Kontrollpersonen aus der UK Biobank aus.1 Von den 1.433 Parkinson-Erkrankten waren 61% männlich, das Durchschnittsalter betrug 71 Jahre.
Das Ergebnis: nach Korrektur für Alter, Geschlecht und sozioökonomische Deprivation war die Verschreibung von Antikonvulsiva mit einem erhöhten Neuauftreten von M. Parkinson assoziiert (Odds Ratio 1,80; 95% KI 1,35-2,40). Es zeichnete sich ein Trend dafür ab, dass eine höhere Anzahl von Verschreibungen und Medikation mit mehreren Antiepileptika mit einem höheren Parkinson-Risiko verbunden waren. 

In die Auswertung gingen die vier in Großbritannien am häufigsten verordneten Antiepileptika ein: Carbamazepin, Lamotrigin, Levetiracetam und Natriumvalproat. Subgruppenanalysen ergaben die höchste Parkinson-Wahrscheinlichkeit nach Valproat-Einsatz (OR 3,82), gefolgt von Levetiracetam (OR 3,02), Lamotrigin (OR 2,83) und zuletzt Carbamazepin (OR 1,43). Um Fälle von transientem medikamenteninduziertem Parkinsonismus auszuschließen, der nach Absetzen des Medikaments wieder abklingen kann, wurden Antiepileptika-Verschreibungen innerhalb von 1, 2 und 5 Jahren vor dem Zeitpunkt der Parkinson-Erstdiagnose ausgeschlossen, was an den Assoziationen nichts änderte, mit Ausnahme von Carbamazepin im 1-Jahres-Zeitraum.

Weitere Untersuchungen zur Einordnung nötig

Eine andere, 2022 ebenfalls im JAMA Neurology erschienene Fall-Kontroll-Studie mit 1.055 Personen hatte über eine Assoziation zwischen Epilepsie und der Parkinson-Krankheit berichtet. Bis zu zehn Jahre vor einer M. Parkinson-Diagnose fiel ein breites Spektrum an Symptomen in der Primärversorgung auf. Insbesondere wurden in der Studie zeitliche Zusammenhänge zwischen Epilepsie (OR 2,5) und Hörverlust (OR 1,66) mit späterer Parkinson-Erkrankung dokumentiert, über die zuvor nicht ausführlich berichtet worden war. Diese Ergebnisse konnten anschließend anhand von Daten aus der UK Biobank repliziert werden.2,3

Die oben genannte Arbeit ist nach bestem Wissen die erste, welche die Rolle der gängigsten Antikonvulsiva in diesem Kontext untersuchte. Beide Zusammenhänge können somit bislang nicht als gesichert gelten und der relative Beitrag von Epilepsie versus Antiepileptika sollte weiter erforscht werden.

"Obwohl uns keine prospektiven Daten bekannt sind, die diese Beobachtung bestätigen oder widerlegen, wird sie durch Post-Mortem-Studien gestützt, die zeigen, dass Personen mit medikamenteninduziertem Parkinsonismus geringere Mengen an Homovanillinsäure und Dopamin im Striatum aufweisen", geben die Autoren zu bedenken.

Interessant wäre für zukünftige Studien auch eine Evaluation des Parkinson-Risikos nach Antikonvulsiva-Einsatz bei Nicht-Epilepsie-Kranken mit chronischen Schmerzen oder bipolarer Störung, kommentiert ein nicht an der Studie beteiligter Arzt.1 Gabapentin und Pregabalin, die nicht in die oben genannte Untersuchung einbezogen waren, werden häufig als chronische Analgetika eingesetzt, während Carbamazepin und Natriumvalproat häufig als Stimmungsstabilisatoren verwendet werden.

Weitere Informationen aus der Neurologie: 

Quelle:
  1. Belete, D. et al. Association Between Antiepileptic Drugs and Incident Parkinson Disease. JAMA Neurology 80, 183–187 (2023).
  2. Simonet, C. et al. Assessment of Risk Factors and Early Presentations of Parkinson Disease in Primary Care in a Diverse UK Population. JAMA Neurology 79, 359–369 (2022).
  3. Systematic Study Identifies Association Between Incident Parkinson Disease and Antiepileptic Drug Use. Neurology live https://www.neurologylive.com/view/study-identifies-association-between-incident-parkinsons-and-antiepileptic-drugs (2023).

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