Atemtraining unterstützend bei neuromuskulären Erkrankungen

Eine aktuelle Metaanalyse deutet auf einen positiven Effekt von Atemmuskeltraining auf die ventilatorische Funktion bei verschiedenen neuromuskulären Erkrankungen wie ALS und M. Duchenne hin.

Lungenvolumen und Stärke der Atemmuskulatur profitiert

Neuromuskuläre Erkrankungen führen in der Regel zu einer Schwäche der Atemmuskulatur, die mit einer reduzierten Ausdehnung des Brustkorbs, einer verminderten Vitalkapazität (VC), Dyspnoe, Kommunikationsschwierigkeiten, schwachem Hustenstoß und einer eingeschränkten Freihaltung der Atemwege einhergeht. 

Dieser Verschlechterung der Atemfunktion kann durch Atemmuskeltraining entgegengewirkt werden. Während frühere systematische Übersichtsarbeiten den Fokus nur auf einzelne neuromuskuläre Erkrankungen legten, betrachtete eine neuere Metaanalyse mit Daten von 951 Patienten aus 37 Studien die gesammelte Evidenz für Atemmuskeltraining bei Kindern und Erwachsenen mit diversen neuromuskulären Erkrankungen.1

Bei einem breiten Spektrum dieser Erkrankungen zeichnete sich eine positive Wirkung auf das Lungenvolumen und die Atemmuskelkraft ab. Insbesondere verbesserten sich die FVC (forcierte Vitalkapazität, um das Äquivalent von 0,15 l), der MIP (der maximale inspiratorische Druck, um ca. 8,52 cm H2O) und MEP (der maximale exspiratorische Druck, um etwa 12,44 cm H2O) im Vergleich zu Kontrollen ohne diese Behandlung.

Trotz Heterogenität in den Daten klares Gesamtsignal für den Nutzen des Trainings

Als Atemmuskeltraining wurde in dieser Arbeit jede Intervention berücksichtigt, die darauf abzielte, die Kraft oder Ausdauer der inspiratorischen oder exspiratorischen Muskeln zu verbessern. Für den möglichst langfristigen Erhalt der eigenständigen Atmung werden oft Physiotherapiemaßnahmen empfohlen, die zum Erhalt der Elastizität des Thorax, der Sekretmobilisierung und -expektoration sowie der Förderung der Atemtiefe beitragen.

Auch Aktivitäten wie Schwimmen und Tauchen (letzteres nur, sofern keine Atemantriebsstörungen/ Sensitivitätsstörung für CO2 bestehen), Singen, das Spielen eines Blasinstruments bzw. Gruppentherapie sind gut geeignet.2

Leider stammten die Daten für die Metaanalyse größtenteils aus kleinen klinischen Studien und waren sehr heterogen. Aufgrund der noch unzureichenden Datenlage war nicht zu quantifizieren, inwiefern sich die nachgewiesenen Verbesserungen der Atemfunktion in weiteren klinisch relevanten Parametern (wie Atemnot, Stimme, Lebensqualität oder körperliche Leistungsfähigkeit) bemerkbar machen.

Fazit

Eine Verbesserung oder Verlangsamung des Rückgangs des Lungenvolumens ist bei Menschen mit neuromuskulären Erkrankungen klinisch bedeutsam, denn ein reduziertes Lungenvolumen ist mit Hypoventilation, Notwendigkeit für nicht-invasive Beatmung und Mortalität assoziiert. MIP, MEP und VC sind prädiktive Biomarker für das Überleben von Menschen mit amyotropher Lateralsklerose.
Zusammengenommen spricht die Evidenz trotz der Studienlimitationen dafür, dass der Nutzen klinisch relevant ist, resümieren die Studienautoren.

DGN-Kongress 2023: Neurodegenerative Erkrankungen im Fokus 

Der DGN-Kongress vom 8. bis zum 11. November 2023 im CityCube Berlin hat den Fokus auf neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson gelegt. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie hat mit ihrem Programm 2023 die neurologischen Folgen einer alternden Gesellschaft in den Mittelpunkt gerückt. esanum berichtet vom DGN Kongress zum Beispiel auch über den Einfluss der Neuroinflammation bei MS oder das Leitlinien-Update zur Epilepsie. Hier finden Sie die aktuelle Berichterstattung.

Quellen:
  1. Watson, K. et al. Respiratory muscle training in neuromuscular disease: a systematic review and meta-analysis. European Respiratory Review 31, (2022).

  2. Invasive Heimbeatmung insbesondere bei neuromuskulären Erkrankungen. https://portal.dimdi.de/de/hta/hta_berichte/hta268_bericht_de.pdf.

    letzter Zugriff auf Websites: 12.10.23