mBC | Lösen ADCs die Chemotherapie ab?
Die Therapieoptionen beim metastasierten Mammakarzinom (mBC) entwickeln sich stetig weiter. Hat die (klassische) Chemotherapie noch ihren Stellenwert? Wir gehen dieser Frage auf den Grund und debattieren: Chemotherapie vs. Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs).
Daten von Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem (HR+), HER2-negativem (HER2-) mBC bzw. triple-negativem Brustkrebs (TNBC) vor der Einführung von ADCs zeigen: Beim HR+, HER2- mBC wurden nach Progress unter CDK4/6-Inhibitoren hauptsächlich Chemotherapien in der Zweit- und Drittlinie eingesetzt, beim TNBC bereits ab der Erstlinie.1 Besteht nun mit den ADCs eine Alternative zur Chemotherapie?
Pro Chemotherapie: Breiteres Portfolio mit mehr Flexibilität
Die Vorteile der Chemotherapie umfassen:2,3
-
Breites Portfolio an Substanzen: breite Anwendung möglich (nicht auf spezifische Biomarker angewiesen)
-
Flexibilität: Möglichkeit, auf verschiedene Situationen einzugehen (beim mBC nach Vorbehandlung, aber auch neoadjuvant sowie adjuvant beim frühen Brustkrebs [eBC]; beim TNBC, bei HER2+ Tumoren und bei HR+, HER2-)
-
Kombination mit zielgerichteten Substanzen: B. Pembrolizumab, Trastuzumab, Pertuzumab, Atezolizumab
Ein weiterer Punkt ist die Dosisreduktion bei älteren Patientinnen, die bei einer Monochemotherapie je nach Chemotherapeutikum sehr variabel möglich ist.4 Im Gegensatz dazu sind z. B. beim ADC Sacituzumab Govitecan nur Dosisreduktionen um 25 und 50 % möglich.5
Zudem können manche Chemotherapien sogar eine geringere Toxizität aufweisen als ADCs. So kam es z. B. in der ASCENT-Studie zum TNBC unter der Therapie mit Sacituzumab Govitecan zu einer Unterbrechung der Behandlung bei 61 % der Patientinnen. Im Vergleich dazu waren es 33 % in der Gruppe, die eine Chemotherapie nach Wahl des Arztes erhielt.6
Pro ADCs: Zielgerichtete Therapie mit höherer Effektivität
Die Studiendaten der ADCs sprechen für sich: So zeigte Sacituzumab Govitecan in der randomisierten Phase-III-Studie TROPICS-02 bei 272 Patientinnen mit HR+, HER2- mBC eine statistisch signifikante Verbesserung
- des progressionsfreien Überlebens (PFS) vs. Chemotherapie (n = 271) mit einer 35 %igen Reduktion des Risikos für einen Progress oder Tod und
- des Gesamtüberlebens (OS) im Vergleich zur Chemotherapie mit einer 21 %igen Verringerung des Sterberisikos.7
Zudem sind ADCs zielgerichteter: Sie werden nach Bindung an Oberflächen-Antigene in die Tumorzelle aufgenommen und setzen dort das enthaltene Zytostatikum frei, was zum Tod der Zelle führt. Bei Auflösung der Tumorzelle kann es zum sogenannten „bystander effect“ kommen: Kann das Medikament die Membran passieren, wird es in Nachbarzellen aufgenommen und bewirkt auch hier den Zelltod.8
Ein wichtiger Punkt ist die noch unklare Rolle von ADCs beim frühen Brustkrebs (eBC). Bislang ist ein ADC, Trastuzumab Emtansin, beim HER2+ eBC zugelassen, die Wirksamkeit der drei weiteren ADCs (Sacituzumab Govitecan, Datopotamab Deruxtecan und Trastuzumab Deruxtecan) im frühen Stadium wird aktuell erforscht.9
Und das Outcome der Debatte?
Beide Therapieformen haben noch ihre Daseinsberechtigung und die Therapieentscheidung bleibt weiterhin individuell, je nach Patientin und den Umständen. Zu Letzterem gehört u. a. die Unterscheidung zwischen eBC und mBC, Erst- und Zweitlinie sowie dem Rezeptorstatus.
Vor Chemotherapie & ADCs kommen CDK4/6-Inhibitoren
Die ADCs Sacituzumab Govitecan und Datopotamab Deruxtecan sind beim HR+, HER2- mBC in späteren Therapielinien zugelassen. Standard in der Erstlinientherapie sind CDK4/6-Inhibitoren in Kombination mit einer endokrinen Therapie.10 Doch nicht jede Patientin spricht auf die Behandlung an. Könnte ein KI-Modell dabei helfen, Patientinnen mit einem hohen Progressionsrisiko zu identifizieren?
Hier zur Antwort
Die Empfehlungen der AGO Kommission Mamma wurden im März 2025 aktualisiert: Welchen Stellenwert haben CDK4/6-Inhibitoren beim frühen und metastasierten Brustkrebs?
Jetzt mehr erfahren
- Braun M et al. Current Therapy Landscape of Advanced HER2-negative Breast Cancer Patients in a Network of Office-Based Oncologists and Gynecologists in Germany. Deutscher Krebskongress 2022. unter: (zuletzt abgerufen am 20.05.2025).
- Hartkopf, Lüftner. Chemotherapie mit oder ohne zielgerichtete Substanzen* beim metastasierten Mammakarzinom. Stand Mai 2025, unter: (zuletzt abgerufen am 29.05.2025).
- Park-Simon, Schmidt. Systemische Therapie des primären, frühen Mammakarzinoms – HR-positiv, HER2-negativ. Stand Mai 2025, unter: (zuletzt abgerufen am 29.05.2025).
- Fachinformation Taxotere®, aktueller Stand.
- Fachinformation Trodelvy®, aktueller Stand.
- Rugo HS et al. Safety analyses from the phase 3 ASCENT trial of sacituzumab govitecan in metastatic triple-negative breast cancer. NPJ Breast Cancer. 2022;8(1):98.
- Rugo HS et al. Overall survival with sacituzumab govitecan in hormone receptor-positive and human epidermal growth factor receptor 2-negative metastatic breast cancer (TROPiCS-02): a randomised, open-label, multicentre, phase 3 trial. Lancet. 2023;402(10411):1423-1433.
- Trail PA et al. Antibody drug conjugates for treatment of breast cancer: Novel targets and diverse approaches in ADC design. Pharmacol Ther. 2018;181:126-142.
- Stefan A et al. Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs) in der Therapie des Mammakarzinoms. best practice onkologie. 2024;19(9):346-359.
- Dall, Mundhenke. Endokrin-basierte und zielgerichtete Therapie des metastasierten Mammakarzinoms. Stand Mai 2025, unter: (zuletzt abgerufen am 15.05.2025).
PP-AL-DE-3032