BMG-Sparplan: Pharmaindustrie und Steuerzahler tragen die Hauptlasten

Arzneimittelhersteller und Steuerzahler müssen ab 2023 die Defizite in der gesetzlichen Krankenversicherung schließen. Das sieht der Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums für ein GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vor.

Bundesgesundheitsminister stellt GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vor

Mehrwertsteuerentlastung: 4,3 Milliarden Euro

Bereits in der vergangenen Woche hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach diesen Schritt bei einer Veranstaltung des GKV-Spitzenverbandes angekündigt – unter dem Vorbehalt einer Einigung mit Bundesfinanzminister Christian Lindner. Die Absenkung der Mehrwertsteuer um elf Punkte auf sieben Prozent entspricht bei Arzneimittelausgaben allein der GKV von 46,65 Milliarden Euro (2021) einer Entlastung von 4,3 Milliarden Euro. Hinzu kommt die Entlastung der privaten Krankenversicherung und der Selbstzahler  - also insgesamt eine Steuerentlastung von gut fünf Milliarden Euro, die der Bundesfinanzminister schultern muss.

Zwar entfällt der pandemiebedingt zeitlich beschränkte zusätzliche Bundeszuschuss von 14 Milliarden Euro ab 2023, dafür erhält die GKV ab Anfang nächsten Jahres einen dauerhaft angelegten Zuschuss aus dem Bundeshalt von 19,5 Milliarden Euro; das ist eine Erhöhung von fünf Milliarden Euro im Vergleich zu Vor-Pandemiezeiten. Die Hauptlast des Stabilisierungsplans tragen damit die Steuerzahler insgesamt.

Nur ein Leistungsbereich betroffen: Arzneimittel

Als einziger Leistungsbereich, der zur Schließung der Defizite herangezogen wird, ist die Arzneimittelversorgung betroffen. Dazu sieht der Referentenentwurf ein Bündel an Maßnahmen vor, deren Wirkung sich nur teilweise quantifizieren lassen. Die Eingriffe im einzelnen:

GKV-Finanzstabilisierungsgesetz ist “Verheerendes Signal an Investoren”

In der Summe sollen damit die Einsparungen in der Arzneimittelversorgung im kommenden Jahr mindestens 2,2 Milliarden Euro betragen, wovon deutlich mehr als 90 Prozent auf die Hersteller entfallen. Entsprechend kritisch fallen die Reaktionen der Industrieverbände aus. Die geplanten Herstellerabschläge bezeichnete vfa-Präsident Han Steutel als “verheerende Signal in die internationale Investorenszene”.  Dies schade dem Image , das Deutschland gerade durch die mRNA-Technologie international gewonnen habe. “Wir werden gerade ohne Grund über die Klippe des globalen Wettbewerbs geschoben”, klagt Steutel.

Pro Generika verweist auf unerwünschte und möglicherweise nicht beabsichtigte Effekte  der Abschläge, die auch für Biosimilars gelten, die von sich aus zu Kostensenkungen im Biologicalmarkt bewirken. Negative Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln befürchtet der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie. Das Sparpaket bedeute eine “enorme Belastung” der Industrie und für den Pharmastandort Deutschland, heißt es beim Bundesverband der Arzneimittelhersteller.

Das Bundesgesundheitsministerium begründet das Sparpaket mit einem sonst wachsenden Defizit der Krankenkassen. Ohne Interventionen müsste der Zusatzbeitrag im nächsten Jahr von derzeit 1,3 auf 2,3 Prozent angehoben werden und in den Folgejahren um weitere 0,2 bis 0,3 Prozent steigen.