Wochenrückblick Gesundheitspolitik: Digitalisierung – hoher Nutzen, beträchtliche Kosten

Laut Zi-Umfrage nimmt ein Großteil der Ärzte Digitalisierungsmaßnahmen als nützlich, aber auch zeitintensiv und kostenaufwendig wahr: mehr aus KW 16 erfahren.

Zi-Umfrage: Hoher Nutzen, aber auch beträchtliche Kosten für Digitalisierung

Zwischen 7.000 und 15.000 Euro haben Ärzte im Jahr 2021 für die Einrichtung und Instandhaltung ihrer IT-Infrastruktur aufgewendet. Die Maßnahmen gelten als zeitintensiv und kostenaufwendig, wie aus einer Umfrage unter 300 Ärzten und Psychotherapeuten durch das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung  (Zi) und die KV Westfalen-Lippe hervorgeht.

Einen beträchtlichen Nutzen sehen die Befragten im digitalen Terminmanagement, das die Wartezeiten verkürze und die Terminvergabe flexibler ermögliche, sowie in Videosprechstunden, die durch den Wegfall von Anfahrtswegen vorteilhaft für Patienten seien. Probleme bereiteten jedoch instabile Verbindungen und eingeschränkte Untersuchungsmöglichkeiten. Sichere Messengerdienste erhöhen nach Auffassung der Ärzte die Flexibilität beim Informations- und Datenaustausch. Insgesamt wird die Fehleranfälligkeit der IT-Infrastruktur beklagt.

Angesichts der hohen Kosten für Anschaffung und Unterhaltung der Praxis-IT halten KVWL-Vorstand Thomas Müller und Zi-Vorstandsvorsitzender Dominik von Stillfried ein Praxiszukunftsgesetz für erforderlich, das die Refinanzierung digitaler Investitionen verlässlich regelt.  

Inzidenz für diagnostizierte Herzkrankheiten sinkt signifikant

Das Risiko für die Feststellung der Diagnose einer Herzkrankheit ist in Deutschland zwischen 2013 und 2021 überwiegend signifikant gesunken. Dies geht aus einer am 20.04. veröffentlichten Studie des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung hervor. Danach sank das Risiko für eine diagnostizierte Koronare Herzkrankheit von 12,71/1000 auf 9,25/1000 (minus 25 Prozent) und für eine Herzinsuffizienz von 10,49/1000 auf 8,09/1000 (minus 23 Prozent). Der relativ stärkste Rückgang wurde beim akuten rheumatischen Fieber beobachtet: hier betrug die Reduktion 35 Prozent. 

Außer bei KHK, Myokarditis und Kardiomyopathie ist der Anteil der Frauen mit Herzkrankheiten überdurchschnittlich. Der höchste Frauenanteil wurde beim akuten rheumatischen Fieber mit 67 Prozent und bei chronisch rheumatischer Herzerkrankung mit 60 Prozent beobachtet. Generell ist die Krankheitslast in den neuen Bundesländern überdurchschnittlich hoch; dies korrespondiert mit Surveydaten, die eine erhöhte Prävalenz für lebensstilbezogene Risikofaktoren wie körperliche Inaktivität, erhöhten Alkoholkonsum und Adipositas zeigen. "Die Studie schärft den Blick für kleinräumige Variationen des krankheitsspezifischen Risikos, das als Ausgangspunkt einer zukünftigen Untersuchung zur Krankheitsgenese potentiell relevanter Umweltfaktoren sein könnte", so Zi-Vorstandsvorsitzender Dominik von Stillfried.    

Gutachten: Lauterbachs Reformplan für Kliniken "nicht verfassungskonform"

Das von der Kommission der Bundesregierung für die Reform des Krankenhauswesens entwickelte Konzept ist nach Einschätzung des Augsburger Verwaltungsrechtlers Professor Ferdinand Wollenschläger nicht mit dem Grundgesetz kompatibel. Das gelte insbesondere für geplante starke Eingriffe des Bundes in die Krankenhausplanung, schlussfolgert er in einem im Auftrag von Bayern, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein in Auftrag gegebenen Gutachten. Für die Krankenhausplanung müssten den Ländern kraft Verfassungsrechts eigenständige und umfangmäßig erhebliche Gestaltungsspielräume legislativer und administrativer Art verbleiben. Bundesrechtliche Regelungen zur Finanzierung und Versorgung fänden dort ihre Grenze, wo der Bund strukturrelevante Regelungen treffe. Das heißt: Vergütungsregelungen in Verbindung mit Anforderungen an Strukturqualitäten wären danach unzulässig. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft begrüßte das Fazit des Gutachtens.

Vom Bundesgesundheitsministerium und von Koalitionsfraktionen wird darauf aufmerksam gemacht, dass sich das Gutachten auf einen nicht mehr aktuellen Stand der Reformvorbereitung bezieht. Das BMG versucht seit einigen Monaten, mit den Bundesländern gemeinsam einen Gesetzentwurf zu erarbeiten. Um die Fronten zu beruhigen, kündigte das BMG Anfang vergangener Woche an, dass der Gemeinsame Bundesausschuss auf keinen Fall in das Gesetzgebungsvorhaben involviert wird. Das Verhältnis zwischen dem Bundesausschuss als zentraler Entscheidungsträger der Selbstverwaltung von Ärzten, Kliniken und Kassen und den Bundesländern, die im G-BA Antrags- und Mitberatungsrecht haben ist in Bezug auf die stationäre Versorgung regelmäßig gespannt.

Krebstod vieltausendfach vermeidbar

Rund 4.700 Sterbefälle innerhalb der ersten fünf Jahre nach Diagnose einer Krebserkrankung könnten vermieden werden, wenn die betroffenen Patienten in einem von der Deutschen Krebsgesellschaft zertifizierten Zentrum behandelt worden wären. Dies ist eines der Ergebnisse des AOK-Krankenhausreports, der am 19.04. in Berlin vorgestellt wurde. Ähnliche Vorteile weist die Versorgung von Schlaganfallpatienten in Stroke Units auf. Dies seien drastische Belege dafür, dass eine qualitätsorientierte Reform der Krankenhausstrukturen erforderlich sei, so die AOK-Vorstandsvorsitzende Carola Reimann. Auch der GKV-Spitzenverband sieht in bundeseinheitlichen Qualitätsvorgaben und Mindestanforderungen die Chance für erhebliche Qualitätsverbesserungen. Solche Vorgaben dürften vor Ort nicht verwässert werden. 

Arzneimittelinitiative ARMIN: Mortalität sinkt

Patienten, die an der Arzneimittelinitiative ARMIN der KV Sachsen und Thüringen gemeinsam mit der AOK teilgenommen haben, haben ein um 16 Prozent verringertes relatives Risiko zu versterben. Das geht aus der Evaluation des Projekts hervor, bei dem der gemeinsame Einsatz eines Medikationsplans durch Ärzte und Apotheker für Patienten, die mehr als fünf Arzneimittel verordnet bekommen. Zudem konnte gezeigt werden, dass drei Viertel der Patienten die Überprüfung des Medikationsplans durch ihren Hausarzt oder Apotheker befürworten. Neun von zehn Ärzten befürworteten die Einbindung der Apotheker.

Vor dem Hintergrund der positiven Effekte von ARMIN auf Sicherheit und Effektivität bei Polypharmakotherapie fordern die Projektbeteiligten eine Rechtsgrundlage für die Implementation des Modells und seine mögliche Weiterentwicklung in die Regelversorgung. Dazu sei auch eine funktionierende IT-Unterstützung notwendig.

DGHO enttäuscht über Gesetz gegen Lieferengpässe

Als unverständlich und enttäuschend hat die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie den am 5. April von Bundesgesundheitsminister vorgelegten Referentenentwurf für ein Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz kritisiert. Anders als in ersten Plänen vorgesehen fehle die Onkologie darin komplett, obgleich in der Vergangenheit bei wichtigen patentfreien Onkologika gravierende Liefer- und Versorgungspässe aufgetreten seien.  Dabei seien die von Onkologen vorgeschlagenen Maßnahmen fachlich intensiv diskutiert worden. Sie hätten weniger als ein Prozent der Arzneimittelverordnungen betroffen, so die DGHO, diese könnten aber Leben retten. Die Definition der unverzichtbaren Arzneimittel sei insbesondere durch das in der Onkologie besonders hochwertige System von Leitlinien gut begründet und evidenzbasiert. 

Ausbildungsvergütung: Gesundheitsberufe an der Spitze

Die Monatsverdienste von Auszubildenden in Pflege- und Gesundheitsberufen haben im Vergleich zu anderen Ausbildungsberufen inzwischen einen Spitzenplatz erreicht. So betrug die monatliche Vergütung im Pflege- und Gesundheitsberufe 2022 nach Daten des Statistischen Bundesamtes 1.139 Euro, gefolgt von den Luftfahrtberufen mit 1.054 Euro. Bei Auszubildenden in technischen und Handwerksberufen liegt die Vergütung zwischen 900 und 980 Euro pro Monat.