Kopf-Hals-Tumoren treiben Schlaganfallrisiko in die Höhe

Die gute Nachricht: Es gibt bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich immer mehr Überlebende. Die schlechte: Sie haben ein erhöhtes Risiko für einen späteren Schlaganfall. Vor allem eine Gruppe ist besonders gefährdet.

Schlaganfallrisiko bei Kopf-Hals-Tumor-Überlebenden

In ihre Querschnittsstudie (DOI. 10.1001/jamanetworkopen.2023.54947) schlossen die Forscher knapp 10.000 HNC-Überlebende ein. Als Vergleichsgruppe diente die Bevölkerung Singapurs mit rund 4 Millionen Bürgern. Die Teilnehmer wurden aus dem nationalen Krebsregister, dem Schlaganfallregister und dem Geburten- und Sterberegister identifiziert. 

Wie wurde das Schlaganfallrisiko ermittelt?

Die meisten Tumoren waren im Nasopharynx lokalisiert (4.680 Personen [47,7 Prozent), gefolgt von Larynx (1.228 Personen [12,5 Prozent]) und Zunge (1.059 Personen [10,8 Prozent]). Daneben wurden weitere Subgruppen gebildet, die sich u.a. in Bezug auf das Alter und die Art der Behandlung unterschieden. Für jede dieser Subgruppen wurde das spezifische Risiko sowohl für ischämische als auch für hämorrhagische Schlaganfälle im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ermittelt. Dazu dienten folgende Endpunkte:

Während einer medianen Nachbeobachtungszeit von 42,5 Monaten erlitten insgesamt 337 Personen (3,4 Prozent) einen Schlaganfall. Die Gesamt-SIRR betrug 2,46 (95 Prozent CI, 2,21–2,74), das Schlaganfallrisiko von HNC-Überlebenden war also rund 2,5mal höher als das in der Allgemeinbevölkerung. Die Gesamt-SIRD lag bei 4,11 (95 Prozent CI, 3,37–4,85) Schlaganfällen pro 1.000 Personenjahre. 

Bei welcher Subgruppe war das Risiko besonders hoch?

Unabhängig vom Alter, der Tumorentität und den Behandlungsmodalitäten war das Risiko in sämtlichen Subgruppen erhöht, allerdings mit jeweils unterschiedlicher Ausprägung. Die wichtigsten Beobachtungen:

  1. SIRR und SIRD waren in den 5 Jahren nach der Krebsdiagnose und bei Patienten, die primär bestrahlt wurden, deutlich höher.
  2. Die höchsten Punktschätzungen für SIRR und SIRD waren bei Patienten mit Primärtumoren im Nasopharynx, Oropharynx und Mund zu verzeichnen.
  3. Das höchste SIRR wiesen jüngere HNC-Patienten auf.

Vor allem der letzte Punkt frappiert: Wer vor dem 40. Lebensjahr an Krebs erkrankte, hatte ein 30fach erhöhtes Risiko für einen späteren Schlaganfall. Dieser Befund deckt sich auch mit früheren Berichten über ein hohes Schlaganfallrisiko bei jüngeren Überlebenden von HNC. Doch woran liegt das? Der genaue Mechanismus dahinter ist unklar. Möglicherweise sind es die Nebenwirkungen der oft aggressiven Therapie wie Cisplatin-induzierte, vaskulär toxische Wirkungen und strahleninduzierte Pathologien der Halsschlagader, die vor allem bei jüngeren Patienten zu Buche schlagen. Eine Krebsbehandlung in jungen Jahren scheint grundsätzlich ein wichtiger Risikofaktor für spätere Komplikationen zu sein.

Unabhängig von der Erklärung fordern die Autoren eine bessere Schlaganfallprävention und langfristige Nachsorge für HNC-Patienten. Auf modifizierbare zerebrokardiovaskuläre Risikofaktoren sollte gezielt gescreent werden, um frühzeitig intervenieren zu können. Ob eine regelmäßige Kontrolle der Halsschlagader prospektiv Schlaganfälle verhindern könnte, müssten weitere Untersuchungen zeigen.

Besondere Gefahr für jüngere Betroffene

Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren haben offenbar ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall. Obwohl das für alle Betroffenen dieser heterogenen Krebsart gilt, gibt es zum Teil deutliche Unterschiede in den einzelnen Subgruppen. Vor allem junge HNC-Patienten sind gefährdet und sollten langfristig überwacht werden.
 

Weitere Informationen aus dem Fachgebiet Onkologie

Quelle:

Yip PL et al. Stroke Risk in Survivors of Head and Neck Cancer. JAMA Netw Open. 2024;7(2):e2354947. doi:10.1001/jamanetworkopen.2023.54947.