Alternativlos: Rauchverbot im Auto!

In dieser Woche kommen wir nochmal kurz auf den letzten Beitrag zurück, wegen dreier Punkte: Inhalator, Lufu und Rauchen.

Wir kommen nochmal kurz auf den letzten Beitrag zurück, wegen dreier Punkte: Inhalator, Lufu und Rauchen.

Punkt 1: Inhalator

Wir fangen quasi von hinten an, nämlich mit der COPD-Therapie. Die Patienten sollten nicht nur zu heilsamer körperlicher Aktivität motiviert werden, sondern auch zum richtigen Gebrauch des verordneten Inhalators. Da stecken zwei Compliance-Komponenten drin: erstens die dauerhafte Anwendung, also das Verständnis für Sinn und Zweck der Erhaltungstherapie; zweitens die korrekte Anwendung, also das Verständnis für die Inhalationstechnik und die erfolgreiche Durchführung der Einzelschritte.

Die ständige Weiterentwicklung der Inhalatoren mit neuen Wirkstoff-Kombinationen und verfeinerter Technologie erweitert die Auswahlmöglichkeiten. Das kommt dem ärztlichen Bedürfnis nach optimierten pharmakotherapeutischen Optionen und den Patienten mit ihren individuellen Präferenzen sicher entgegen. Andererseits führt die Vielfalt auch zu erhöhten Anforderungen für den Arzt und sein Team, den Überblick nicht zu verlieren und sich auf dem Laufenden zu halten. Wir haben dem zweifelsohne wichtigen Thema schon mal einen eigenen Beitrag in diesem Blog gewidmet (Schulung zur Inhalationstechnik: Nutzen Sie die Videos?). Außerdem gibt es auf esanum eine aktuelle Online-Fortbildung dazu, auf die wir gerne hinweisen:

Optimierung der Inhalationstechnik – Und es geht doch! am Donnerstag, 14.09.2017, um 20:00 Uhr.

Punkt 2: Lufu

Vor den Therapieerfolg haben die Götter der Heilkunst üblicherweise die korrekte Diagnose gestellt. Für die COPD-Diagnose ist die Spirometrie bekanntlich unerlässlich. Sie sollte möglichst nicht erst dann erfolgen, wenn der Patient schon auf dem letzten Loch pfeift und  erkennbar in den Seilen hängt. Denn die beste Therapie ist schließlich diejenige, die durch Prävention gar nicht erst nötig wird. Oder die wenigstens so frühzeitig erfolgt, dass vermeidbare Schäden und Beschwerden im weiteren Krankheitsverlauf tatsächlich vermieden werden.

Wenn Sie ein regelmäßiger Leser dieses Blogs sind (oder einfach gut Bescheid wissen), dann kennen Sie die erste von insgesamt fünf „Klug entscheiden“-Positivempfehlungen der DGP: "Jeder Raucher soll eine Messung der Lungenfunktion erhalten."

Eine klare Ansage. Ob und wie sie in der Praxis beherzigt wird, weiß allerdings (noch) kein Mensch. Das haben wir im Beitrag Lufu für jeden Raucher? angesprochen. In einem schönen Kommentar von Leser "DrNB" kam dazu der Vorschlag, die Anzahl der Packungsjahre als Kriterium für eine routinemäßig durchzuführende Lufu heranzuziehen.

Studie: Spirometrie-Screening ab 10 Packungsjahren

Diesem Ansatz ist die im letzten Beitrag erwähnte und hiermit auch zitierte dänische Studie1 gefolgt, in der 32.518 Teilnehmer aus der Copenhagen General Population Study mit starker COPD-Gefährdung einem Spirometrie-Screening unterzogen wurden. Das war immerhin ein Drittel der analysierten Gesamtpopulation. Die Einstufung als gefährdet erfolgte nach folgenden Kriterien: über 40 Jahre alt und mindestens 10 Packungsjahre, was dem Konsum einer Schachtel Zigaretten am Tag über 10 Jahre entspricht.

Ergebnis der prospektiven Studie: Das Spirometrie-Screening wies bei knapp 12% der Untersuchten eine COPD nach, definiert durch ein FEV1/FVC < 70% und ein FEV1 < 80% vom Soll. Bei 78% dieser COPD-Patienten war noch keine Diagnose gestellt worden, obwohl 71% bereits symptomatisch waren. Innerhalb eines sechsjährigen Beobachtungszeitraums wiesen alle, auch die asymptomatischen Personen mit COPD ein erhöhtes Exazerbations- und Pneumonie-Risiko gegenüber den Lungengesunden auf. Bei den symptomatischen COPD-Patienten war zusätzlich noch die Gesamtmortalität erhöht. Fazit der Autoren: Bessere Initiativen zur frühzeitigen Diagnose und Behandlung der COPD werden benötigt.

Punkt 3: Rauchen

Damit sind wir bei Punkt 3 angelangt und ergänzen: Es werden auch noch bessere Strategien zur Vermeidung des Rauchens und von Rauchschäden benötigt. Dann könnten sich die Menschen und die Gesellschaft zumindest einen Teil der Diagnosen und Therapien ersparen, ob sie nun frühzeitig erfolgen oder nicht.

Die vor genau einem Jahrzehnt in Deutschland eingeführten Rauchverbote in Gaststätten und öffentlichen Gebäuden haben zu einer verbesserten gesundheitlichen Situation von Nichtrauchern geführt. Das sagt einem nicht nur die eigene empirische Erfahrung, sondern belegt auch eine Studie auf Basis der für Deutschland repräsentativen SOEP-Daten (German Socio-Economic Panel Study). "Die Effekte lassen sich vor allem bei jungen Menschen beobachten", heißt es in einer Pressemitteilung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.  "Vor allem junge Nichtraucherinnen und Nichtraucher unter 30 Jahren schätzen ihre Gesundheit seit Einführung der Rauchverbote positiver ein als zuvor", wird Dr. Daniel Kühnle von der Universität Erlangen-Nürnberg zitiert, einer der beiden Studienautoren.

Kein Rauchen im Auto, wenn Kinder mitfahren – keine Selbstverständlichkeit?

Mit dem gesetzlichen Zwang hat sich in diesem Fall "eine soziale Norm durchgesetzt (…), die bereits vorher für viele galt". Erfreulich. Aber wie ist das bitteschön im Privatbereich des Autos? "Ein Rauchverbot in Fahrzeugen, wenn Kinder mitfahren, befürworten nach Ergebnissen des Gesundheitsmonitors 2014 rund 87% der Bevölkerung in Deutschland." Das möchte man gerne glauben. Den Satz haben wir einer aktuellen Pressemitteilung des Deutschen Kinderhilfswerks (DKHW) und des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) entnommen. Beide Organisationen fordern ein gesetzliches Rauchverbot in Fahrzeugen, wenn Kinder mitfahren.

Weiter wird verlautbart: "Laut Deutschem Krebsforschungszentrum sind rund eine Million Kinder in Deutschland Tabakrauch im Auto ausgesetzt." Das möchte man eigentlich nicht glauben. Der gemeinsame Appell von DKHW und BVKJ mit gesetzlichem Formulierungsvorschlag kann hier heruntergeladen werden: dkhw.de/rauchverbot.

Unsere Empfehlung: Ausdrucken, in der Praxis auslegen und jedem Politiker in die Hand drücken, der zum Stimmenfang vorbeikommt. Die beste Prävention beginnt bei den Kleinen.

Referenz: 1. Colak Y et al. Prognosis of asymptomatic and symptomatic, undiagnosed COPD in the general population in Denmark: a prospective cohort study. Lancet Respir Med 2017;5(5):426-34.

Abkürzungen:

DGP = Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin