Studie zu Anwendungsgebieten von Infrarot in der Medizin

Eine Studie der Goethe-Universität zeigt: Infrarotstrahler eignen sich besonders gut zur Wundheilung und Schmerzlinderung.

*verfasst am 09.11.2017, aktualisiert am 16.03.2023

Wundheilung schneller und schmerzärmer mit wIRA

Ein bestimmter Teil des Infrarotspektrums, das Infrarot A, dringt besonders tief ins Gewebe ein. Filtert man aus dem Spektrum zudem die Anteile, welche die Hautoberfläche erhitzen, kann die Strahlung optimale Wirkung entfalten und sogar bei Entzündungen und Verbrennungen eingesetzt werden. 

Das Verfahren, mit dem man aus dem Infrarot-A-Spektrum die unerwünschten Anteile herausfiltert, orientiert sich am Vorbild der Natur: In gemäßigten Klimazonen wird die Wärmestrahlung der Sonne durch das Wasser und den Wasserdampf der Atmosphäre gefiltert. Entsprechend tritt die Strahlung in der Infrarotlampe durch eine mit Wasser gefüllte Küvette. Für bestimmte in der Medizin wichtige Wellenlängen, wie zum Beispiel 820 Nanometer, kann man daher im Vergleich zu Infrarotlampen ("Rotlichtlampen") ohne Wasserfilter mit wIRA eine 6-30mal so hohe Bestrahlungsstärke anwenden.

Wassergefiltertes Infrarot A hat drei Hauptwirkungen auf das Gewebe: Es steigert wesentlich die Temperatur, die Versorgung mit Sauerstoff und die Durchblutung. Bestrahlung mit wIRA lindert Schmerzen, hemmt Entzündungen und eine vermehrte Flüssigkeitsabgabe, fördert die Infektionsabwehr und die Regeneration. Das zeigt ein aktueller Übersichtsartikel von Prof. Gerd Hoffmann vom Institut für Sportwissenschaften zu den medizinischen Anwendungen von wIRA. Der Beitrag ist in der Fachzeitschrift "Physikalische Medizin – Rehabilitationsmedizin – Kurortmedizin" erschienen.

Wo kann wIRA angewendet werden? 

Es gibt eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten für wIRA. So verläuft die Heilung akuter und chronischer Wunden schneller und schmerzärmer. Typische Anwendungen sind Operationswunden und chronische Geschwüre ("offenes Bein"). wIRA wird außerdem eingesetzt bei Warzen, Lippen-Herpes, Gürtelrose (Herpes Zoster), Sklerodermie, Akne und Lichtalterungsschäden der Haut (aktinischen Keratosen). Auf die Haut aufgetragene Substanzen werden unter Bestrahlung mit wIRA besser aufgenommen. 

Ein weiteres Anwendungsgebiet sind Erkrankungen des Bewegungsapparats wie Arthrosen, Gelenkentzündungen (Arthritiden), Rückenschmerzen (Lumbago) oder Morbus Bechterew (ankylosierende Spondyloarthritis). wIRA lindert Schmerzen vom gewöhnlichen Muskelkater bis zum komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS). Die Strahlung fördert die Regeneration nach Sport und wird zudem bei Polyneuropathien und in Kombination mit Strahlentherapie oder Chemotherapie in der Tumortherapie (Onkologie) eingesetzt.

Die Schmerzlinderung durch wIRA beruht auf verschiedenen Effekten: Dank der gesteigerten Durchblutung können angehäufte Stoffwechselprodukte wie Schmerzbotenstoffe, Milchsäure und Bakteriengifte besser entfernt werden. Die erhöhte Gewebetemperatur beschleunigt parallel dazu den Abbau dieser Substanzen und fördert die Regeneration. Nicht-thermische Effekte beinhalten direkte Wirkungen auf Zellen und zelluläre Strukturen und Substanzen und möglicherweise auch auf Schmerzrezeptoren. wIRA wirkt deutlich muskelentspannend und auch hierüber schmerzlindernd. Dadurch verbessert sich nicht nur die Lebensqualität, sondern auch die Sauerstoffversorgung im Gewebe – und das senkt deutlich das Infektionsrisiko bei Wunden.

Infrarot-Technologie auch bei Diagnose von Darmkrebs nützlich

Aufgrund rasanter technologischer Fortschritte verbesserten sich die Heilungschancen für Patientinnen und Patienten mit Darmkrebs deutlich. Damit eine zielführende Therapie stattfinden kann, muss zuvor jedoch eine präzise Diagnose erfolgen. In Kombination mit Künstlicher Intelligenz kann Infrarot-Imaging eine solch genaue Diagnostik liefern, die wiederum eine individuelle und spezifische Therapie ermöglicht. 

Durch das Label-freie Infrarot (IR)-Imaging kann die genomische und proteomische Zusammensetzung von Gewebe gemessen werden. So können molekulare Informationen anhand der Infrarotspektren geliefert werden. Mittels KI erfolgt eine Dekodierung und eine anschließende Darstellung in Falschfarbenbildern. Dazu werden Bildanalysemethoden aus dem Bereich des Deep Learning eingesetzt. 

Der Einsatz tiefer neuronaler Netzwerke ermöglicht es bei Darmkrebs, den Mikrosatellitenstatus, also einen therapeutisch und prognostisch relevanten Parameter, zuverlässig zu bestimmen. Der dafür durchlaufene standardisierte, automatisierte Prozess macht eine differentielle ortsaufgelöste Klassifizierung des Tumors möglich – und das innerhalb einer Stunde. 

Referenzen:

  1. https://idw-online.de/de/news684248
  2. Klaus Gerwert, Stephanie Schörner et al.: Fast and label-free automated detection of microsatellite status in early colon cancer using artificial intelligence integrated infrared imaging, in: European Journal of Cancer, 2023, DOI: 10.1016/j.ejca.2022.12.026