Wochenrückblick Gesundheitspolitik: Zi kürt Leuchtturmprojekte ärztlicher Versorgung

Das Zi der KBV hat hervorragende regionale Projekte der Kassenärztlichen Vereinigungen mit Preisen ausgezeichnet, die Budgetierung der kinderärztlichen Vergütung wird ausgesetzt: mehr aus KW 11 erfahren.

Zentralinstitut zeichnet Leuchtturmprojekte ärztlicher Versorgung aus

Unter insgesamt zehn hervorragenden regionalen Projekten Kassenärztlicher Vereinigungen hat das Zentralinstitut der KBV drei Projekte mit Preisen ausgezeichnet.

 Der erste Preis in der Rubrik Versorgung akut ging an das Projekt "Effektive und effiziente Patientenversorgung als Schlüsselfaktor" der KV Berlin. Seit 2017 wird dabei das Ziel verfolgt, Patienten in die jeweils angemessene Behandlungsebene zu steuern. Dabei arbeiten eine Leitstelle und elf KV-Notdienstpraxen sowie der Hausbesuchsdienst für immobile Patienten systematisch zusammen. Dabei gelingt es auch, Patienten während der Sprechzeiten an Artpraxen zu vermitteln.

Platz 1 in der Sektion Versorgung digital erreichte die Initiative "Telemedizinische Erstberatung für Kinder und Jugendliche" der KV Nordrhein. Vom 24. Dezember 2022 bis zum 31. Januar 2023 haben Ärztinnen und Ärzte mittwochs, feiertags und am Wochenende das zusätzliche digitale Erstberatungen angeboten, um die hohe Belastung von Kinder- und Notfallpraxen über den Jahreswechsel zu entlasten. Dabei wurden mehr als 2.300 Videosprechstunden durchgeführt. Fast die Hälfte der ratsuchenden Eltern konnten abschließend beraten werden, sodass sie mit ihren Kindern keine Notdienstpraxis aufsuchen mussten.

In der Sparte Versorgung kooperativ wurde das Innovationsfondsprojekt "IP Wunde" der KV Bremen ausgezeichnet. Dazu ist ein flächendeckendes Behandlungsnetz aus ambulant tätigen spezialisierten Wundpraxen mit qualifiziertem Fachpersonal aufgebaut worden. Primärversorgende Haus- und Fachärzte leiten dabei nach dem Erstkontakt Patienten an eine der sieben spezialisierten Wundpraxen in Bremen und Bremerhaven weiter, bleiben aber Teil des behandelnden Netzwerks. Vor dem Hintergrund der komplexen Behandlung chronischer Wunden ist allen Beteiligten, auch den Patienten, die digitalen Wundakte zugänglich. 

Aus Sicht des Zi-Vorstandsvorsitzenden Dr. Dominik von Stillfried zeigen die Projekte, wie Vertragsärzte mit den zukünftigen Herausforderungen, wohnortnahe Versorgung bei zunehmendem Personalmangel sicherzustellen, proaktiv umgehen.

Bundestag beschließt UPD-Gesetz und Entbudgetierung für Pädiater

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen hat der Bundestag am 15.03. dem Gesetz zur Neuordnung der Unabhängigen Patientenberatung (UPD) zugestimmt; in dem Gesetz enthalten ist die Aussetzung der Budgetierung der kinderärztlichen Vergütung und eine weitgehende Überführung der Kinder-und Jugendpsychiatrie in die extrabudgetäre Vergütung. Die Koalition erwartet aufgrund dessen eine Verkürzung von Wartezeiten und einen Anreiz zur Niederlassung von Kinderärzten. Gegen das Gesetz stimmten die Union und die AfD, die Linke enthielt sich. Am 16.03. kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach beim Fachärztetag an, als nächsten Schritt auch die Honorare der Hausärzte von der Budgetierung zu befreien. 

Mit dem Gesetz wird die Unabhängige Patientenberatung Deutschland zum 1. Januar 2024 in eine Stiftung Bürgerlichen Rechts überführt. Ihre Aufgabe ist eine unabhängige, qualitätsgesicherte und kostenfreie Information und Beratung von Patienten in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen. Organe der Stiftung sind der zweiköpfige hauptamtliche Vorstand, der Stiftungsrat mit Patientenvertretern, Vertretern der Bundesregierung, des Parlaments und der GKV sowie der wissenschaftliche Beirat mit unabhängigen Experten. Der GKV-Spitzenverband muss die Finanzierung mit 15 Millionen Euro übernehmen; dagegen gibt es bei Kassen verfassungsrechtliche Bedenken. Die PKV kann sich freiwillig mit sieben Prozent beteiligen und wäre dann auch im Stiftungsrat vertreten.

GBA: Erste Gentherapie gegen Hämophilie A ohne quantifizierbaren Zusatznutzen

Für die als Orphan Drug zugelassene ersten Gentherapie hat der Gemeinsame Bundesausschuss auf Basis der vorliegenden einarmigen Studie für Valoctocogen/Roxaparvovec (Roctavian) gegen Hämophilie A den Zusatznutzen nicht quantifizieren können, weil ein Vergleich mit der bislang möglichen Therapie – einer Dauerbehandlung mit Faktor-VIII-Präparaten – nicht möglich war. Der Hersteller ist bereits aufgefordert worden, eine anwendungsbegleitende Datenerhebung durch behandelnde Ärzte einzuleiten, um aussagekräftigere Daten für eine erneute Nutzenbewertung zu gewinnen. Ferner berät der GBA über qualitätssichernde Maßnahmen, die über die Fachinformation hinausgehen, um, eine möglichst komplikationsfreie Therapie mit diesem als Advanced Therapeutical Medicinal Product (ATMP) eingestuften neuartigen Arzneimittel sicherzustellen.  

Bundesausschuss beschließt Richtlinie zum Einsatz von medizinischem Cannabis

Der Gemeinsame Bundeausschuss hat am 16.03. die Detailregelungen für die ärztlichen Verordnung von medizinischem Cannabis als GKV-Leistung beschlossen. GBA-Chef Hecken betonte bei den Beratungen mit Nachdruck, dass die Richtlinie sich exakt an den Wortlaut des Gesetzes halte und keine über das Gesetz hinausgehende Verordnungsvoraussetzungen schaffe. Im Einzelnen gilt folgendes:

Marburger Bund: Warnstreiks in kommunalen Kliniken

Nach zwei erfolglosen Verhandlungsrunden um neue Gehaltstarife für Ärzte an kommunalen Krankenhäusern, in denen die Arbeitgeber kein Angebot vorgelegt haben, hat der Marburger Bund für den 21. März in Hamburg und am 30. März in München zu zentralen Veranstaltungen sowie zu bundesweit ganztätigen Warnstreiks der rund 55.000 betroffenen Ärztinnen und Ärzte aufgerufen. Die Verhandlungen sollen am 3. Und 4. April fortgesetzt werden. Die Forderung des Marburger Bundes: einen Inflationsausgleich seit der letzten Tariferhöhung im Oktober 2021 sowie eine lineare Gehaltssteigerung von 2,5 Prozent. 

Pflege-Stärkung: Spahn-Gesetz ohne Wirkung

Vier Jahre nach Inkrafttreten des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn, mit dem 13.000 zusätzliche Stellen in der Altenpflege finanziert werden sollten, erweist sich das Gesetz als weitgehend unwirksam. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums werden nach dem Gesetz bis Ende 2022 nur 4.000 Pflegekräfte/2.800 Vollzeitäquivalente gefördert. Dafür wurden 2022 insgesamt rund 151 Millionen Euro ausgegeben, nur ein Bruchteil der vorgesehenen 640 Millionen Euro in der GKV und 44 Millionen Euro in der PKV. Bei den Beratungen des Gesetzes im Jahr 2018 hatten Lobby-Organisationen der Pflege die von Spahn vorgesehene Förderung als "Tropfen auf dem heißen Stein" kritisiert.