Ermöglicht ein Magenkeim die Impfung gegen allergisches Asthma?

Nicht nur der Darm hat ein Mikrobiom, sondern auch die Lunge. Und im Magen siedelt – wenn er nicht bereits eradiziert wurde – ein bekannter Keim, der möglicherweise den Weg zu einer Asthma-Impfung weisen könnte.

Nicht nur der Darm hat ein Mikrobiom, sondern auch die Lunge. Und im Magen siedelt – wenn er nicht bereits eradiziert wurde – ein bekannter Keim, der möglicherweise den Weg zu einer Asthma-Impfung weisen könnte.

"Man darf gespannt sein, ob sich die Bestimmung des Darm-Profils als früher Risikomarker etabliert und über den gezielten Einsatz von Probiotika auch zu präventiven und therapeutischen Zwecken nutzen lässt." Kennen Sie diesen Satz? Wir schon, denn wir haben ihn geschrieben, als wir uns in diesem Blog schon mal mit dem pulmonalen Mikrobiom beschäftigten.

Zwischen Hype und Hoffnung

Darauf kommen wir jetzt wieder zurück, inspiriert durch zwei schöne Überschriften und die dazugehörigen Ausführungen: Zum einen der esanum-Artikel "Das Mikrobiom zwischen Hype und Hoffnung", der interessante Inhalte der Jahrespressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wiedergibt.

Zum anderen der Pneumo News-Beitrag "Mit Mikroben gegen Asthma?", der vom Symposium "Asthmatherapie der Zukunft" beim diesjährigen DGP- und GPP-Kongress in München berichtet. Darin geht es nicht um eine Behandlungsform, die sich noch im Tierexperiment-Stadium befindet und bei der – sehr spannend – ein ziemlich bekannter Keim im Mittelpunkt steht: Helicobacter pylori.

Zunächst aber dreht sich der Symposiumsbericht wie unser letzter Beitrag um Phäno- und Endotypen, neutro- statt eosinophiles Asthma und den in der Pipeline steckenden monoklonalen Antikörper Tezepelumab, der als eine von drei relevanten Zukunftsoptionen mit neuem therapeutischem Ansatz gehandelt wird. Die anderen beiden sind

Neuer Ansatz: der Wnt-Signalweg

Beim potenziellen Förderprogramm für entzündungsauflösende Prozesse kommt der Wnt-Signalweg ins Spiel, der Ihnen sicher gut vertraut ist. Falls nicht, kann man beispielsweise hier bei DocCheck mal schnell nachlesen und erfährt dann nicht nur, wofür "W" und "nt" stehen, sondern auch, dass Defekte in der Wnt-Signaltransduktion u. a. mit der Lungenfibrose in Verbindung gebracht werden. Und auch mit Asthma: Durch die intranasale Applikation von Wnt-Liganden kann die Entstehung einer inflammatorischen Atemwegsreaktion unterbunden und die Lungenfunktion deutlich verbessert werden – jedenfalls schon mal im Mausmodell.

Spannend ist auch der Ansatz, Interleukine nicht nur zu blocken, sondern sie als therapeutisches Agens zu nutzen. Beim Interleukin-37 ist das bereits geglückt, wenn auch ebenfalls erstmal im Tiermodell. Basis ist das Wissen um die antieosinophile Wirkung von IL-37 und seine verminderte Genexpression bei allergischem Asthma.

Neuer Ansatz: Mit Mikroben(proteinen) gegen allergisches Asthma

Und nun zum Einsatz von Mikroben: "Wir gehen davon aus, dass der Einsatz von Mikroben oder deren Bestandteilen eine potenzielle therapeutische Option bei Asthma bronchiale ist", ließ der Asthma-Forscher Dr. Sebastian Reuter von der Ruhrlandklinik in Essen beim DGP-Symposium wissen. Helicobacter pylori ist noch bei der Hälfte der Weltbevölkerung ein Magenbewohner und seine intragastrale Existenz invers assoziiert mit Asthma in der Kindheit.

An der ganzen Sache wird schon länger geforscht und die Zunahme der Asthma-Prävalenz in der westlichen Welt mit dem raschen Verschwinden von H. pylori in Verbindung gebracht. Bereits vor einigen Jahren gelang einer Autorengruppe der Universität Zürich unter Beteiligung von Reuter der tierexperimentelle Nachweis eines nützlichen Effekts der Magenkeim-Kolonisation zum Schutz vor allergeninduziertem Asthma. Die Schutzwirkung war auf nicht-infizierte Mäuse durch den Transfer gereinigter Populationen von regulatorischen T-Zellen (Treg) übertragbar.1

Klappt bei der Maus – und beim Menschen?

 "Mittlerweile können wir zeigen, dass keine aktive Infektion mit H. pylori nötig ist, sondern dass wir auch mit bakteriellen Bestandteilen den Schutzmechanismus induzieren können", wird Reuter aktuell zitiert. Um die Treg auf den Plan zu rufen, wird nicht das ganze Bakterium benötigt, seine spezifischen Proteine reichen aus. Mit der Applikation eines Extrakts lässt sich ein immunologischer Schutz neonatal induzieren. Impfen gegen Asthma? Das wär’s. Weitere Forschungsgelder dürften für Reuter und Kollegen gesichert sein, denn jetzt gilt es zu untersuchen, ob das Ganze auch beim Menschen funktioniert.

Referenzen:
1. Arnold IC et al. Helicobacter pylori infection prevents allergic asthma in mouse models through the induction of regulatory T-cells. J Clin Invest 2011;121(8):3088-93. doi:10.1172/JCI45041