Neue Leitlinie für die Schwerverletzten-Behandlung

Die neue S3-Leitlinie Polytrauma der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie ist erschienen - mit Empfehlungen zur Behandlung Schwerverletzter am Unfallort, im Schockraum und im Operationssaal.

Warum gibt es die Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung?

Die Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung ist ein Leitfaden, der die Zusammenarbeit zwischen Notfallmedizin, Unfallchirurgie, Intensivmedizin, Anästhesiologie, Neurologie und Rehabilitationsmedizin effektiv und koordiniert gestalten soll. Dafür müssen alle beteiligten Fachbereiche auf dem neuesten Stand der Forschung und Praxis sein. Die erste Version der S3-Leitlinie wurde 2011 veröffentlicht und seitdem regelmäßig aktualisiert.

Warum wurde die S3-Leitlinie jetzt aktualisiert?

Die Überarbeitung der Leitlinie Polytrauma im Jahr 2023 war notwendig, um den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen Rechnung zu tragen. Es wurden in relativ kurzer Zeit neue Therapieansätze entwickelt, neue Technologien und Medikamente zugelassen und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachbereichen in den Kliniken verbessert. Auch die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Schwerverletztenversorgung mussten berücksichtigt werden.

Zudem haben sich auch die Anforderungen an die Gesundheitssysteme geändert. Die steigende Zahl älterer Menschen und die zunehmende Prävalenz von Vorerkrankungen stellen besondere Herausforderungen dar. Die aktualisierte Leitlinie berücksichtigt diese Entwicklungen. Ziel ist es, eine bestmögliche Versorgung von Polytrauma-Patienten zu gewährleisten und die Überlebenschancen sowie die Wiederherstellung der körperlichen Funktionen zu verbessern.

In dem 483-seitigen Dokument sind 330 Empfehlungen enthalten, davon 69 neu und 70 weiterentwickelt auf Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Das sind die wichtigsten Themen aus der neuen S3-Leitlinie

Behandlung von Kindern mit Polytrauma

Kinder sollen in spezialisierten kinderchirurgischen Zentren oder interdisziplinären Zentren für Kindertraumatologie behandelt werden. Zudem gibt die neue Leitlinie spezifische Hilfestellung für Diagnostik und Therapie, unter anderem zur Bildgebung, zur Stabilisierung der Vitalfunktionen und zur Schmerztherapie. Auch die Einbeziehung von psychosozialen Faktoren wird berücksichtigt.

Für die Behandlung von Kindern gibt es die S2k-Leitlinie Polytraumaversorgung im Kindesalter. Sie wurde 2021 aktualisiert.

Behandlung von Schwerverletzten in Traumazentren

Traumazentren sind spezialisierte Einrichtungen, die auf die Versorgung von Schwerverletzten ausgerichtet sind. Sie verfügen über speziell geschultes Personal und eine umfassende Ausstattung. Die Leitlinie Polytrauma empfiehlt, dass alle Polytrauma-Patienten in einem solchen Zentrum behandelt werden sollten. In Deutschland gibt es aktuell über 600 Traumazentren der Initiative TraumaNetzwerk DGU, die über das gesamte Bundesgebiet verteilt sind. Die Zahlen der Schwerverletzten werden im Traumaregister festgehalten. Es gibt verschiedene Schweregrade des Polytraumas:

Für Polytrauma-Patienten mit einem ISS (Injury Severity Score) von 16 oder höher wird eine Behandlung in einem zertifizierten Traumazentrum empfohlen. Der ISS ist ein standardisiertes Bewertungssystem, das die Schwere der Verletzungen eines Patienten auf einer Skala von 1-75 bewertet. Ein ISS von 16 oder höher bedeutet, dass der Patient schwere Verletzungen aufweist und eine komplexe Behandlung erfordert.

Traumazentren sollen bestimmte Mindestanforderungen erfüllen: speziell geschultes Personal, eine umfassende Ausstattung, eine 24/7-Erreichbarkeit und ein gut funktionierendes Netzwerk mit anderen Fachbereichen und Versorgungseinrichtungen. Traumazentren und andere Fachbereiche sollten eng zusammenarbeiten. Nur durch eine optimale interdisziplinäre Zusammenarbeit und eine bestmögliche Versorgung kann eine hohe Überlebensrate und eine gute Rehabilitation der Patienten erreicht werden.

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