- DGK Herztage 2025. 25.-27. Oktober 2025 Congress Center Hamburg (CCH)
Symposium: Achtung Amyloidose: TTR-Reduktion durch RNA-Interferenz in der Kardiologie, organisiert von: Alnylam Germany GmbH
Die RNA-Interferenz (RNAi) ist der natürliche Prozess des Gen-Silencing, der in zahlreichen Organismen auftritt und die Genexpression in einer Zelle kontrolliert. Mithilfe des RNAi-Verfahrens lässt sich die Translation von Genen in Proteine beeinflussen. Gene können so gezielt abgeschaltet werden. Wie Schwarting, Kardiologin am LMU Klinikum der Universität München berichtete, wurde das Small interfering RNA Molekül (siRNA) Partisiran 2018 als erste RNAi-Therapie für die Behandlung der hereditären ATTR-Amyloidose von der EMA zugelassen. 2022 folgte das RNAi-Therapeutikum Vutrisiran für die Behandlung der hATTR. Es baut gezielt die für das TTR-Protein kodierende mRNA ab und reduziert so die Transthyretin-Produktion in der Leber.
Schwarting betonte, dass siRNA ein vielseitiges und leistungsstarkes Instrument und damit ein Gamechanger ist. „Wer in der Medizin zukunftsorientiert denkt, denkt auch an siRNA“, so Schwarting. Mittlerweile werden siRNA vielseitig in der Kardiologie, aber auch in anderen Bereichen erprobt und teilweise auch schon etabliert, beispielsweise der Lipidsenker Inclisiran. Aktuell sind 6 siRNA-Therapeutika für ein breites Spektrum an Erkrankungen zugelassen und mehr als 20 Therapeutika befinden sich in der klinischen Erprobung.
Bei welchen Symptomen sollte man an eine kardiale Amyloidose denken? „Erst wenn uns die Dicke des Myokards hochpathologisch erscheint, denken wir an eine Amyloidose und damit schaffen wir es eigentlich nie, die Erkrankung in einem frühen Stadium zu erwischen“, sagte Pfister, leitender Oberarzt an der Klinik III für Innere Medizin – Allgemeine und interventionelle Kardiologie, Elektrophysiologie, Angiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin der Uniklinik Köln.
Je früher aber therapiert werden kann, desto höher der Benefit und der Erhalt von Funktionalität. In einer italienischen Studie (doi: 10.1002/ejhf.2776) wurde untersucht, wie Patienten zur Diagnose ATTR gelangt sind. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Nur ein Fünftel der Patienten wurde über den klinisch propagierten Weg gefunden – also Red Flags wie Karpaltunnelsyndrom, Bizepssehnenruptur, hochgradige Aortenklappenstenose.
Ein Viertel der Patienten wurde zufällig über eine aus anderen Gründen durchgeführte Szintigraphie oder Echokardiographie entdeckt. Doch das eigentlich Dramatische: Mehr als die Hälfte der Patienten wurde erst diagnostiziert, als sie am Ende ihres Herzinsuffizienzweges waren (44% NYHA III/IV, 61% dekompensiert). Und 10% der Patienten wurden über zwei, drei Jahre mit hypertropher Kardiomyopathie fehldiagnostiziert.
Ein ESC-Konsensuspapier (doi: 10.1002/ejhf.2140) schlägt ein Screening ab einem verdickten Myokard (≥ 12 mm) und einem zusätzlichen Risikofaktor vor. Das sei „gut gemeint, aber in der Praxis nicht realisierbar“, sagt Pfister. Effektiver ist, sich in speziellen Kollektiven umzuschauen: Einige Patienten sind im Komplex Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion und leicht verdicktem Myokard zu finden, die Häufigkeit liegt bei 10 bis 15%.
Unter Patienten mit Aortenklappenstenose findet man ebenfalls zwischen 10 und 15%; sowie bei Patienten mit bilateralem Karpaltunnelsyndrom (10-15%). Bei MitraClip-Patienten findet man 11%. Bei älteren Schrittmacherträgern mit verdicktem Septum liegt die Prävalenz bei 19% und ältere VHF-Patienten mit leicht verdicktem Septum weisen eine Prävalenz von 8,3% auf, berichtete Pfister.
Er stellte aber auch klar: „Amyloidosepatienten können hinter jeder kardiologischen Symptomatik stecken. Kein Parameter ist für die Früherkennung geeignet.“ Diagnostisch lässt eine Erhöhung von hochsensitivem Troponin T (hs-TnT) auf eine hohe Wahrscheinlichkeit und eine Erhöhung von NT-proBNP und hs-TnT auf einen Grenzbereich schließen.
Für die Diagnosesicherung gilt:
Nicht-invasiv:
Invasiv:
Monitoring nach Diagnose und Therapiestart ist wichtig:
Unter dem TTR-Stabilisator Tafamidis zeigte sich eine geringere Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit und eine gute Verträglichkeit. 2020 wurde das „Old Kid“ in Deutschland zugelassen, berichtete Morbach, Oberärztin der Kardiologie am Uniklinikum Würzburg und im Interdisziplinären Amyloidosezentrum Nordbayern tätig. Unter Acoramidis, im Februar 2025 in Europa zugelassen, zeigten sich eine komplette (>90%) Stabilisierung der TTR-Tetramere und positive Effekte auf frühzeitigen Tod, kardiovaskuläre Hospitalisierung, NTproBNP und körperliche Leistungsfähigkeit.
„New Kids“ wie das RNAi-Therapeutikum Vutrisiran erlauben eine gezielte Unterdrückung der Produktion von TTR im Hepatozyten und führen zum Knockdown des TTR-Serumspiegels. Seine Zulassung beruht auf den Daten der Phase-III-Studien HELIOS A (doi: 10.1080/13506129.2022.2091985) und HELIOS-B (doi: 10.1056/NEJMoa2409134).
In die HELIOS-B-Studie wurden 655 Personen eingeschlossen, 326 erhielten Vutrisiran und 329 Placebo. Die Behandlung mit Vutrisiran führte zu einem geringeren Risiko für Tod jeglicher Ursache, wiederkehrende kardiovaskuläre Ereignisse im Vergleich zu Placebo (HR in der Gesamtpopulation: 0,72; 95%-KI: 0,56-0,93; p = 0,01; HR in der Monotherapie-Population: 0,67; 95%-KI: 0,49-0,93; p = 0,02) sowie zu einem geringeren Risiko für Tod jeglicher Ursache über einen Zeitraum von 42 Monaten (HR: 0,65; 95%-KI: 0,46-0,90; p = 0,01).
Die Therapie erwies sich in allen präspezifizierten Subgruppen als wirksam. In einer exploratorischen Analyse zeigten sich NT-proBNP- und Troponin-I-Level unter Vutrisiran stabil, verglichen mit dem progredienten Anstieg unter Placebo. Unter Vutrisiran wurden die Serum-TTR-Spiegel um 81 % reduziert. Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse traten bei 62 % der Studienteilnehmenden in der Vutrisiran-Gruppe und bei 67 % in der Placebo-Gruppe auf.
Zu erwarten ist zum einen die CRISPR-Cas9-basierte Gentherapie, die ebenfalls darauf abzielt, die TTR-Produktion zu senken. Wie Morbach berichtete, läuft dazu aktuell eine Phase III-Studie. Die zweite Option, ein monoklonaler Antikörper, zielt auf das abgelagerte TTR. So soll eine Immunreaktion ausgelöst werden, bei der das Immunsystem das abgelagerte TTR bekämpft und abbaut.