Hydroxyethylstärke (HES) ist eine kolloidale Flüssigkeit, die bei der Volumenersatztherapie oft eingesetzt wird. Sie gehört zu der Gruppe der Plasmaexpander und wird vor allem bei großen Volumenverlusten verwendet.
Nebenwirkungen wie starker Juckreiz und Anstieg der Retentionsparameter sind schon länger bekannt, aber nun konnten zwei Studien zeigen, dass der Einsatz von HES gegenüber kristalloider Lösungen in der Intensivmedizin keine Vorteile zeigt. Es konnte dargestellt werden, dass Patienten, die mit HES behandelt wurden, höhere Kreatininwerte entwickelten und auch häufiger eine Nierenersatztherapie benötigten, als die Vergleichsgruppe.
Aufgrund dieser Ergebnisse empfiehlt die deutsche Gesellschaft für internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), HES bei Intensivpatienten nicht mehr einzusetzen.
Beide Studien wurden im New England Journal publiziert und sind unter folgenden Links zu finden:
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1204242
http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1209759
Setzten Sie HES häufig in der Klinik ein oder haben Sie ähnliche Nebenwirkungen selber schon miterlebt? Werden Sie bei der Therapie von nicht-Intensivpatienten auch vorsichtiger sein beim Einsatz von HES?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesärztekammer reagierte auf die Skandale bei der Durchführung von Organtransplantationen und konstituierte jetzt neue Richtlinien bei der Durchführung dieser. Von nun an soll in den Transplantationszentren immer eine organspezifische Konferenz abgehalten werden, die darüber abstimmt, ob ein Patient in die Warteliste aufgenommen wird oder nicht. Die Transplantationskonferenz soll interdisziplinär sein, durch Vertreter der chirurgischen und konservativen Abteilung und einem weiteren Mitglied, das nicht am Transplantationsgeschehen beteiligt ist. Die Richtlinien sollen ab Dezember gelten und den Verstoß gegen die Transplantationsregeln besser vorbeugen. Nach den Ereignissen der jüngsten Zeit war das auch nötig. Denken Sie, dass diese neuen Richtlinien mehr Vertrauen in die Organtransplantation bringen? Hätten Sie andere Ansätze oder Vorschläge?
Eine Hodentorsion, vor allem im Kindesalter, ist kein seltenes Krankheitsbild, wird aber leider zu selten rechtzeitig diagnostiziert. Die Zeit ist knapp – innerhalb weniger Stunden verliert das testikuläre Gewebe seine vitalen Funktionen und nekrotisiert – mit fatalen Folgen. Daher ist es immens wichtig, rechtzeitig die richtige Diagnose zu stellen.
Um diesem Ansatz im klinischen Alltag Herr zu werden ist nun ein neuer Diagnosescore veröffentlicht worden. Vor allem der sonographische Nachweis ist schwierig, und in der kinderärztlichen Praxis zu selten durchführbar und zielführend.
In einer prospektiven Studie wurden 12-jährige Jungen eingeschlossen – das Kollektiv umfasste 338 Patienten. Nach retrospektiver Validierung der Daten stellte sich folgendes Scoremodell als am zielführendsten heraus:
Testikuläre Schwellung: 2 Punkte
Palpatorisch harter Hoden: 2 Punkte
Übelkeit/Erbrechen: 1 Punkt
Hochstehender Hoden: 1 Punkt
Fehlender Kremasterreflex: 1 Punkt
Nach Summierung der Einzelpunkte ergeben sich mit mindestens 2 Punkten ein geringes und ab 5 Punkten ein hohes Risiko für das Vorliegen einer Torsion. Liegt die Punktzahlt bei 3 und 4 soll, so die Studie, eine Sonographie unterstützend angewandt werden. Sensitivität und Spezifität lagen bei 76% bzw. 81%.
LINK: http://www.jurology.com/article/S0022-5347%2812%2905334-7/abstract
Würden Sie diesen Score anwenden und Ihre Entscheidung der Therapie bzw. weiteren Diagnostik hiernach lenken?
Die Ärztezeitung berichtet aktuell von der UMPIRE-Studie (use of multidrug pill in reducing cardiovascular events), in der 2004 Patienten rekrutiert wurden, um Unterschiede in der Therapieform festzustellen (nachzulesen hier: http://www.aerztezeitung.de/medizin/article/826142/besser-patienten-polypille-statt-vier-arzneien.html ). Dabei wurde die erste Gruppe mit einer sogenannten Polypille, einer Fixkombination aus ASS 75 mg, Simvastatin 40 mg, Lisinopril 10 mg und Atenolol 50 mg bzw. Hydrochlorothiazid 12,5 mg therapiert, wohingegen die Kontrollgruppe die vier Medikamente einzeln einnahm. Das Ergebnis klingt vielversprechend: Die "Polypillen-Gruppe" weist gegenüber der Kontrollgruppe eine regelmäßigere Einnahme des Medikaments auf, was mit einer höheren Therapieadhärenz einhergeht und vor allem eine signifikante Verbesserung der Therapieergebnisse (bezüglich systolischem Blutdruck und LDL-Cholesterin) zur Folge hat. Was halten Sie von der Gabe einer Polypille? Wo sehen Sie Vorteile und Gefahren der Polypille?
Hallo,
auf unserer psychiatrischen Station haben wir seit 6 Wochen einen 48-jährigen Patienten mit anhaltender depressiver Episode. Der Patient zieht sich seit zwei Wochen immer öfter tagsüber in sein Bett zurück und schläft auch tagsüber immer wieder. Das Einschlafen ist dementsprechend nicht nur durch das "Abendhoch", sondern auch durch die gestörte Schlafrhythmik erschwert. Dieses setzt sich leicht nachvollziehbar natürlich in einem Teufelskreis weiter fort...
Unsere erste Maßnahme war das Bett des Patienten tagsüber auf den Flur zu stellen, um die täglichen Nickerchen zu unterbinden. Leider zieht sich der Patient nun im alltäglichen Schlafanzug und Bademantel in den Tagesraum zum Schlafen zurück und äußert eine "Unaushaltbarkeit" dieser Situation. Ich habe überlegt, ob man eine Schlafphasenverschiebung durchführt. Diese beginnt jedoch mit Schlafentzug und ich habe Sorge, dass die Depressivitätssymptomatik nur noch verstärkt wird. Hat jemand Erfahrung mit der Schlafphasenverschiebung gemacht und was muss ich bei einem stark depressiven Patienten vielleicht noch beachten?
Frauen mit Gestationsdiabetes haben ein erhöhtes Risiko im späteren Lebensverlauf an einem Diabetes mellitus II zu erleiden – dies ist bekannt. Forscher suchen daher nach Möglichkeiten, diesen akquirierten Diabetes zu verhindern oder zumindest das Risiko der Erkrankung zu reduzieren.
Dies scheint jetzt zumindest im Ansatz gelungen zu sein: wie eine aktuelle Studie aus dem Oktober dieses Jahres berichtet, erleiden Mütter mit Gestationsdiabetes, die ihr Kind länger als 3 Monate stillen, seltener einen Diabetes mellitus II im weiteren Verlauf [Ziegler AG et al. Long-Term Protective Effect of Lactation on the Development of Type 2 Diabetes in Women With Recent Gestational Diabetes Mellitus. Diabetes published ahead of print October 15, 2012].
Dass im mütterlichen Blut durch das Stillen allgemein bessere Glucose- und Cholesterinwerte zu finden sind, ist keine Neuigkeit; wohl aber die Risikoreduzierung eines manifesten Diabetes mellitus.
Viele Kollegen, vor allem pädiatrische, werden bestätigen können: der Druck im Erkältungsfall dem Kind ein Antibiotikum zu verordnen ist immens. Die gesellschaftliche Erwartungshaltung an funktionierende Kinder und Eltern ohne Fehltage im Job ist hoch.
Demzufolge stehen viele Eltern mit ihren Kindern in der pädiatrischen Praxis und fordern medikamentöse Therapien, obwohl Bettruhe und supportive Maßnahmen alleinig indiziert und ausreichend sind.
Das jährliche Treffen der amerikanischen Pneumologen CHEST in diesem Jahr brachte die Erkenntnis, dass in den westlichen Industrienationen weiterhin zu viel Antibiotika bei Erkältungskrankheiten eingesetzt werden. Die Indikation steht nur bei bakteriell bedingten Infekten, so Francesco de Blasio von der Universität Bologna. Sie hat keinerlei Effekt bei viral bedingten Infekten und schade den Kindern nur durch die teils massiven Nebenwirkungen der Präparate. Ganz zu schweigen von der Problematik der Resistenzentwicklungen [Zanase A. et al. Acute cough in children: The Role of Antibiotics. CHEST 2012; October 24 2012; Pediatric Pulmonology Posters at the Annual Meeting of the American College of Chest Physicians, Oct 20.-25. 2012, Atlanta, Georgia.]
Wie ist Ihr Eindruck im Hinblick auf dieses Thema? Wie gehen Sie in der Praxis mit dieser Art Eltern um? Ist auch hierzulande die Verordnung zur Beruhigung der Eltern ein Problem?
Wertes Kollegium,
ich möchte von einer Patientin berichten, die ich seit einigen Jahren in allgemeinärztlicher Behandlung habe:
Es handelt sich um eine weibliche Patientin, 58 Jahre alt, biologisches Alter ca. 5-10 Jahre unter dem numerischen. Tendenziell ließen sich in dem Alter bereits eine beginnende Menopause mit entsprechenden Beschwerden vermuten. Auf die gezielte Frage nach (post-)menopausalen Beschwerden vor einiger Zeit verneinte die Patientin diese. Die Nachfrage ergab, dass sie seit vielen Jahren kontinuierlich orale Kontrazeptiva einnimmt – um eben diese Beschwerden nicht erst zu bekommen.
Ich habe ihr erklärt, dass die Einnahme trotz positiver Effekte bedenklich sei (Risiko Mamma-Ca etc.) und trotz positiver Berichte (s. auch hier: http://www.esanum.de/beitrag/hormonersatztherapie-back-in-business-/8733 ) eine unkritische Einnahme so nicht zu unterstützen ist.
Ihr behandelnder Gynäkologe verschreibe ihr die Kontrazeptiva nicht – ihre Tochter besorge ihr diese regelmäßig. Die Patientin ist sehr auf ihr Äußeres bedacht und hat massive Ängste davor, menopausale und postmenopausale Erscheinungen (äußerlich wie innerlich) zu "erleiden".
Haben Sie Ratschläge, wie man hier weiter verfahren könnte? Sehen Sie eine Hormontherapie als gerechtfertigt an? Sollte diese dann mit anderen Präparaten erfolgen?
Ich betreue eine 24 jährige Patientin, die seit einigen Wochen über relativ akut einsetzende Diarrhoe-Episoden berichtet, welche nach dem Verzehr von Käse (v.a. in gegartem Zustand) auftreten würden. Bisher habe sie keine Beschwerden derart gehabt. Der Verzehr von anderen Milchprodukten verursacht keine Beschwerden. Nebenbefundlich leichte Hypthyreose mit L-Thyroxin eingestellt. Ich komme in der Sache nicht wirklich weiter. Hat jemand von Ihnen eine Idee, was die Ursache der Beschwerden sein könnte?
In Pittsburgh ist es gelungen, Makaken Spermatogonien (Stammzellen für Spermienproduktion) zu entnehmen und nach einer Chemotherapie (mit Busulfan) wieder zu injizieren. Die Injektion erfolgte in den kontralateralen Hoden gezielt in die Rete testis. Neun von zwölf erwachsenen Tieren und drei von fünf präpubertären Tieren produzierten daraufhin funktionstüchtige Spermien. Da die Spermienkonzentration zu gering war, wurde eine IVF durchgeführt, die erfolgreich war. Hier der Link zum Paper: http://download.cell.com/cell-stem-cell/pdf/PIIS1934590912004754.pdf?intermediate=true Diese Studieneergebnisse sind besonders für Jungen vor einer Chemotherapie interessant. Man könnte über die Entnahme dieser Stammzellen möglicherweise einem Verlust der Fertilität vorbeugen. Kennt sich jemand mit dem weiteren Vorgehen aus? Muss dieses Verfahren jetzt zunächst durch eine klinische Studie? Oder dürften theoretisch direkt Spermatogonien entnommen werden? Und gibt es bei Mädchen ähnliche Forschungsansätze?
Am Herzzentrum in Freiburg wurde gerade ein Gerät in den Brustraum eines Patienten implantiert, das bei der Früherkennung von Herzinfarkten helfen soll. "Guardian" kann einen Herzinfarkt erkennen, bevor überhaupt Symptome auftreten.
Misst diese Technologie eine Mangeldurchblutung, so warnt es den Patienten sowohl visuell als auch akustisch. Daraufhin könnte man die Herzkranzgefäße mittels eines Katheters wieder öffnen, sodass es gar nicht zum eigentlichen Herzinfarkt kommen würde.
Gerade für Menschen mit erhöhtem Risiko für einen Gefäßverschluss eine Möglichkeit die Zeit zwischen ersten Symptomen und medizinischer Betreuung zu verkürzen. Andererseits gibt dieses System vielleicht auch die falschen Anreize. So verleitet es doch dazu den alten (und meist ungesunden) Lebensstil beizubehalten. "Guardian" warnt ja, wenn es brenzlig wird...
Liebe Kollegen, was meinen Sie? Hat diese Technologie eine Zukunft?
Seite des Herstellers:
http://www.angel-med.com/
Liebe Kollegen, die Bundesregierung hat bei ihrem Koalitionsgipfel letzte Woche die Abschaffung der Praxisgebühr beschlossen. Zwar muss dies noch durch den Bundesrat abgesegnet werden, aber es sieht so aus, als ob es ab Januar 2013 ein Stück weit weniger Bürokratie in deutschen Arztpraxen geben könnte. Freuen Sie sich auch über diese Entwicklung oder haben Sie Kritikpunkte? Ich habe sogar schon aus meinem nicht-ärztlichen Freundeskreis positive Resonanz über diesen Entschluss mitbekommen.
Schon lange ist bekannt, dass Menschen mit heller Haut, roten Haaren und Sommersprossen (Hauttyp I) häufiger an Hautkrebs erkranken, als Menschen mit dunkler Haut. Als Grund wurde angenommen, dass bei dieser Gruppe ein niedrigerer Schutz gegen UV-Strahlen besteht, die ja durch DNA-Schädigung ein Melanom verursachen können.
Nun haben Forscher des Massachusetts General Hospital (MGH) herausgefunden, dass es einen anderen Grund für die höhere Inzidenz von Melanomen bei hellhäutigen Menschen geben könnte. In der Haut werden verschiedene Melanintypen produziert, das Eumelanin, das vornehmlich von Menschen mit dunklerer Haut gebildet wird und das Pheomelanin, das vermehrt bei hellhäutigen Personen gebildet wird. Durch Mausversuche konnte schon gezeigt werden, dass Mäuse, die nur Eumelanin produzieren viel seltener unter UV-Strahlung ein Melanom entwickelten als Mäuse, die Pheomelanin produzierten. Die Forscher gingen noch weiter und verglichen sogenannte Melanin-knock-off Mäuse (Albino-Mäuse) mit denen, die nur das Pheomelanin produzierten. Auch diesmal entwickelte die Gruppe der Mäuse mit Pheomelanin-Produktion häufiger ein Melanom, als die Albino-Gruppe. Dieses Ergebnis und weitere Untersuchungen führten zu der Annahme, dass das Pheomelanin bei hellhäutigen Menschen, nicht nur eine geringer Protektion gegen UV-Strahlen bedingt, sondern sogar kanzerogene Wirkung auf die DNA haben könnte.
Die vollständigen Ergebnisse wurden im renommierten Journal Nature publiziert und sind hier nachzulesen: http://www.nature.com/news/redhead-pigment-boosts-skin-cancer-risk-1.11711
Was halten Sie von diesen Ergebnissen? Denken Sie auch, dass dies ein wichtiger Schritt ist in der Erkennung der Pathogenese des Melanoms?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, kennen Sie schon die Seite www.versorgungsatlas.de ? Es soll die Unterschiede in der medizinischen Versorgung in Deutschland besser darstellen und liefert Statistiken zu Themen wie Antibiotikaverordnungsprävalenz, Teilnahme an Krebsvorsorgeuntersuchungen oder Impfraten. Es werden auch regionale Unterschiede aufgedeckt und nach Erklärungen dafür gesucht. Das ganze läuft als ein Projekt des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung (ZI). Wir von der Redaktion fanden das sehr spannend und dachten, dass Sie, die in die Versorgung direkt involviert sind, sich auch dafür interessieren könnten.
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